Die Wohnung voller Ratten und Müll: Haben die Behörden versagt?
Über 150 Tiere lebten mit ihrer Besitzerin in im Dachgeschoss eines Hauses in Gostenhof. Gesundheitsamt: "Von den Tieren geht keine Seuchengefahr aus."
NÜRNBERG Als Krankenschwester Marion G. (39) vor ein paar Jahren in die Zwei-Zimmer-Wohnung des Vermieters Horst D. zog, schien alles ganz normal. Die neue Mieterin machte einen guten Eindruck. „Alles war in Ordnung“, erinnert sich der Eigentümer. Doch dann änderte sich die Frau. Ihre Tierliebe eskalierte. Aus ein paar Ratten als Haustieren wurden Dutzende. „Die Frau verwahrloste immer mehr“, weiß Nachbar Adrian D. „Wir haben öfters die Behörden informiert – doch nichts ist passiert.“ Gestern kam die Polizei...
Die Ratten liefen in der total vermüllten Wohnung herum
Marion G. hatte die Beamten selbst nach dem Streit mit Nachbarn geholt. Entsetzt standen die Polizisten der mit Bisswunden übersäten Frau gegenüber. Die Ratten liefen in der total vermüllten Wohnung herum – krabbelten in der Waschmaschine, auf dem Herd, selbst im Bett. Im Hausflur stank es bestialisch.
„Wir haben immer wieder versucht, sie darauf anzusprechen“, erzählt die Lebensgefährtin des Grünen Landtagskandidaten Markus Ganserer, der auch im Haus lebt. Doch Marion G., deren Kleidung von den Ratten großteils zerbissen ist, erklärte immer, dass es doch nicht rieche. Standen Behördenvertreter vor der Tür, öffnete sie nicht. Selbst die Vermieter durften die Wohnung nicht betreten: „Solange sie die Miete zahlt, hatten wir keine Handhabe.“
Gesundheitsamt: "Von den Tieren geht keine Gefahr aus."
Auch der eingeschaltete sozial-psychiatrische Dienst stand vor verschlossenen Türen. Marion G. erschien zwar zur Vorladung, benahm sich da offenbar nicht auffällig und durfte ohne Auflagen wieder heim. „Wenn die Frau bei klarem Verstand ist, ist das eine privatrechtliche Sache. Von den Tieren in der Wohnung geht keine Seuchengefahr aus“, so eine Sprecherin des Gesundheitsamtes.
Nachdem die Polizei jetzt die Wohnung von innen ansehen konnte, wurden die Behörden endlich aktiv. Gestern rückte die Amtstierärztin mit dem Tierschutzverein an und holte 50 Ratten aus der Wohnung. Im Tierheim werden sie nach Geschlechtern getrennt. Sonst würden sie sich weiter vier Mal im Jahr vermehren und jeweils bis zu zwölf Junge werfen. Ein Ratten-Verein soll die Tiere nun vermitteln.
Doch noch immer sind mindestens 100 der Nager in der Wohnung. Der Tierschutzverein wird zwei Mal täglich nach Gostenhof fahren und sie füttern, bis die Wohnung geräumt ist. Wer die ganzen Kosten – auch für die anstehende Renovierung – trägt, ist unklar. Marion G. lebt derweil im Hotel, von Verwandten unterstützt.
Andrea Uhrig