Die Schnaps-Ganoven sind geschnappt
ROTH/MÜNCHEN Die Beit GmbH in Georgensgmünd (Kreis Roth) sieht nicht aus wie eine florierende Firma: Im Hof wächst Unkraut, die grün-gelbe Wandfarbe blättert ab. Eher eine Bruchbude als ein Getränkegroßhandel.
Und doch hat ihr Chef hier Millionen verdient. Francesco A. (51) organisierte vom mittelfränkischen Örtchen aus einen internationalen Schnaps-Schmuggel-Ring. Bayerische und italienische Zollfahnder kamen ihm und 20 Komplizen nun auf die Schliche.
DIE ENTDECKUNG
Im Juni 2011 entdecken britische Zöllner einen Lkw voller Paletten mit unversteuertem Wein. Er ist hinter Pasta versteckt. Die stammt von der Beit GmbH. Zollfahnder aus Weiden observieren die Firma. Die lagert offiziell Schnaps. Lkw tauchen aber fast nie auf.
DIE MASCHE
Wie die Ermittler herausfinden, ist der Schnaps nur auf dem Papier bei der Beit. Chef Francesco A. hat mit italienischen Schnapsproduzenten ein groß angelegtes System aufgebaut, in dem der Schnaps systematisch verschwindet.
DIE WARE
50 Lkws mit Wodka „Nikolaij”, Weinbrand „Napoleon”, Limoncello „Golfodoro”, Rum „Barrios”, Gin „Regiment Club”, Sambuca „Sabina”, Whisky, Grappa und Wein verschickt die Bande – eine Million Liter „einwandfreier Trinkbranntwein”, sagt Ermittlungsleiterin Christine Seibert.
DIE BESTELLUNG
Francesco A. bestellt bei seinen Komplizen die Spirituosen. Sie liefern auch – , doch der Schnaps verschwindet auf dem Weg bei anderen Firmen oder in anderen Lagern in Nürnberg und Freilassing. Francesco A. bestätigt aber seinen Komplizen den Erhalt der Ware für Georgensgmünd.
DIE RÜCKSENDUNG
Wenn der Zoll die Ware sehen will, hat Francesco A. keine da. Deshalb schickt er den Schnaps zurück nach Italien – auf dem Papier. Zwischenfirmen, die zum Schmugglerring gehören, bestätigen jeweils den Erhalt der angeblichen Ware. Alles sieht korrekt aus.
DAS ALBANIEN-MANÖVER
Damit der italienische Zoll nicht nach dem Phantasie-Schnaps fragt, schicken die Schmuggler ihn weiter nach Albanien. Dafür bestechen sie drei Zöllner in Bari, die ihnen die Ausfuhr bescheinigen. Damit ist der Schnaps offiziell außerhalb der EU.
DER SCHWARZMARKT
In Wirklichkeit sind die Flachen noch in Deutschland. Über Zwischenfirmen verkaufen Francesco A. und Komplizen die Spirituosen an arglose Kunden in Berlin und Bochum – etwa Handelsketten, Diskotheken oder Kneipen.
DER STEUER-TRICK
Steuern auf Branntwein fallen dann an, wenn man ihn verkauft – etwa vier Euro pro 0,75-Liter-Flasche. Da die Schmuggler die Spirituosen auf dem Schwarzmarkt verkaufen, sacken sie diese vier Euro ein. Am Ende machen sie 3,5 Millionen Euro Gewinn.
DIE TÄTER
Mit dem Geld leben die Köpfe der Schmuggler in Saus und Brau. Sie, fahren laut Ermittlern Luxuswagen und leben in Villen. Ermittlerin Seibert nennt sie „höchst professionell und konspirativ”. Laut Seiberts italienischer Kollegin Valentina Cavalieri kannten sich die Schmuggler bestens mit der EDV-Erfassung aus – und wussten auch, wie man sie am besten austrickst. Laut Cavalieri gehören sie einer „internationalen Vereinigung” an. Man könnte auch sagen: zur Mafia. Francesco A. ist als Mitglied der kalabrischen ’Ndrangheta bekannt.
DAS ENDE
Anfang Oktober und Anfang Dezember nehmen 230 bayerische Zollfahnder 21 Personen (21 bis 62) an 35 Adressen in Nürnberg, Dresden, Bochum und Berlin fest – parallel schlagen auch die Italiener zu. Seit März hatten sie gemeinsam die Bande observiert, allein in Deutschland 58 Telefone abgehört und 60000 Datensätze ausgewertet. Bei den Razzien stellen die Fahnder drei Kleinlaster voller PCs und Dokumenten sicher. Sechs Täter sitzen in U-Haft.
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