Die Leiche im Vorortgarten

Zuckersüß und knallig bunt: Edward Albees „Alles im Garten“ im Fürther Stadttheater
Maximilian Theiss |
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FÜRTH Wenn am Schluss die drei gutbürgerlichen Vorort-Ehepaare aus Edward Albees „Alles im Garten“ den versoffenen, allzu redseligen Privatier Jack ermorden, dann ist es zwar endgültig dahin mit der Moral, aber immerhin bleibt der Glanz der Fassade dieses Sextetts gewahrt, wenn auch ab sofort im Vorort-Gärtchen die sprichwörtliche Leiche begraben ist. Aber der alternde Dandy wusste einfach zu viel über das schmuddelige Gewerbe der verzweifelten Hausfrauen.

Der Preis ist dabei nicht die Seele, sondern nur der Körper.


Ist das Finale in Albees Vorlage der Gipfelpunkt einer sich immer höher ins Abstruse schraubenden Satire, bricht das Ende in Alice Aspers Inszenierung am Stadttheater Fürth radikal mit den zwei zuckersüß und knallig-bunt in Szene gesetzten Stunden zuvor. Zu Beginn des Stückes steht das Ehepaar Richard und Jenny, das irgendwo auf seinem Weg vom Klein- über das Spieß- hin zum Großbürgertum steckengeblieben ist. Haus, Auto und Möbel sind noch nicht abbezahlt, die Gebühren des Internats für den Erstgeborenen enorm, und außerdem müssen die beiden auch noch gut dastehen vor den golfenden Nachbarn. Da lässt der Mephisto in Gestalt einer überschminkten Zuhälterin (Michaela Domes) nicht lange auf sich warten und bietet eine Möglichkeit auf, wie die Hausfrau Geld anschaffen kann. Der Preis ist dabei nicht die Seele, sondern nur der Körper.


Spätestens hier holt die Satire endgültig aus zum theatralen Rundumschlag, doch das Ensemble bleibt vorerst einmal ruhig. Oliver Bodes Richard ist weiterhin der verklemmte Kauz mit unbeholfenem Blick, Ruth Spichtigs Jenny bleibt weiterhin die prüde, naiv wirkende Hausfrau. Allein das großartig-abstoßende Bühnenbild in LBS-Werbeoptik von Oliver Boberg wartet mit kleinen Veränderungen auf – mit Jennys Zusatzeinnahmen werden die Orchideen im Garten größer, die neuen Möbel edler.


Die Statik der Inszenierung und des Mienenspiels wirkt mit der Zeit immer befremdlicher und unglaubwürdiger, gleichzeitig aber schließt man als Zuschauer die Figuren auf der Bühne immer mehr ins Herz. Doch gerade diese auf der Bühne umgesetzte Harmlosigkeit sorgt für die nötige Fallhöhe, damit am Ende das Publikum nicht erheitert den Saal verlässt, sondern eben konsterniert. Ein inszenatorischer Ansatz also, der zwar nicht für den euphorischsten Schlussapplaus sorgte, dafür aber eine Menge Überraschungen bereithält.

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