Die Ernte der Zukunft: Von diesen Pflanzen hätten Sie nie gedacht, dass Sie in Bayern wachsen

Der Freistaat Bayern braucht hitzeresistente Pflanzen auf seinen Äckern. In Zukunft sollen die Bauern vermehrt auf exotische Früchte setzen –manche davon wachsen heute schon auf den hiesigen Feldern.
von  Tobias Lill
Bayerns Landwirtschaft steht vor einem Wandel.
Bayerns Landwirtschaft steht vor einem Wandel. © Armin Weigel/dpa/Archivbild

München – Es war ein unüberhörbarer Warnruf des Bayerischen Bauernverbands: "Seit Wochen fehlen Niederschläge, es ist viel zu trocken. Diese Trockenheit ist vor allem für die Sommerkulturen wie Sommergerste, Mais oder Kartoffeln dramatisch", sagte Verbandspräsident Günther Feißner Anfang Juli der AZ und fügte hinzu: "Auf leichten Böden und dort, wo es besonders trocken war, werden in diesem Jahr auch die Erträge beim Weizen leider gering ausfallen."

Zwar gab es in den vergangenen Wochen doch noch relativ viel Regen. Ein Sprecher des Bauernverbands bilanzierte im AZ-Gespräch am Donnerstag allerdings: "Nicht wenige Bauern hatten massive Ernteausfälle durch Dürre oder Hagel."

Weil Dürren auch in Bayern zunehmen: "Landwirte müssen auf mehr Vielfalt setzen"

Der Bauernverband rechnet ebenso wie die meisten Klimaforscher damit, dass Wetterextreme und insbesondere Dürren zunehmen werden. "Deshalb ist es notwendig, dass die Landwirte bei der Auswahl der Feldfrüchte künftig auf noch mehr Vielfalt als heute setzen", so der Sprecher. Auch der Agraringenieur Klaus Fleißner von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) sagt im AZ-Gespräch: "Die Landwirte müssen sich wegen des Klimawandels dringend diversifizieren und neue Früchte anbauen." Derzeit dominieren vielerorts im Freistaat noch Mais- oder Weizenfelder.

Wegen des Klimawandels dürften es diese beiden Pflanzen ebenso wie auch die Gurke oder die klassische Kartoffel in Zukunft jedoch schwer haben, prophezeit Fleißner und fügt hinzu: "Wir müssen uns dringend vorbereiten." Laut Deutschen Wetterdienst hat sich die Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bereits um rund zwei Grad erwärmt – in den kommenden drei Jahrzehnten könnte sich der Temperaturanstieg Experten zufolge verdoppeln. "Es werden schwierige Zeiten", sagt Fleißner.

Ein Experte empfiehlt Bayerns Bauern Kichererbsen, Süßkartoffeln und Augenbohnen

Er rät: "Schon heute kann ein Landwirt problemlos eine Hälfte mit Mais und die andere mit Hirse bepflanzen." Er empfiehlt Bayerns Bauern künftig aber auch auf Kichererbsen, Süßkartoffeln oder Augenbohnen zu setzen. Letztere ist bislang eher eine exotische Frucht und in Indien und Afrika beheimatet.

All diesen Früchten komme wärmeres Wetter entgegen. "Sie können längere Trockenphasen überstehen." Bei der LfL hat man zahlreiche heute hierzulande oft noch weitgehend unbekannte Pflanzen im Auge. Auch eine Frucht, die gerade ältere Menschen eher mit den Südstaaten der USA und Jimmy Carter als mit Bayerns Böden verbinden, könnte laut LfL für künftige Ernährung der heimischen Bevölkerung eine große Rolle spielen: die Erdnuss.

Klimawandel-Projekt: Aktuell wird mit Erdnüssen in Bayern experimentiert

Etwa vier Monate nach der Aussaat sind in Niederbayern erste Erdnüsse eines Klimawandel-Projektes der Landesanstalt geerntet worden. Am Standort in Ruhstorf an der Rott bei Passau haben Fleißner und sein Team am Mittwoch mit dem Pflücken begonnen – angesichts des wechselhaften Sommerwetters mit zufriedenstellendem Ergebnis. Das LfL experimentiert in der dritten Saison mit trockentoleranten Pflanzen, neben Erdnüssen auch mit Sesam, Mung- und besagten Augenbohnen.

Die Ernte falle je nach Erdnuss-Sorte unterschiedlich aus, sagt Fleißner. Einige hätten einen sehr guten Ertrag, andere weniger. Um herauszufinden, welche Sorten sich hierzulande am besten eignen, würden über mindestens drei Saisonen sowie unter unterschiedlichen Bodengegebenheiten Erdnüsse angepflanzt.

Die Erdnüsse erweisen sich als besonders widerstandsfähig

Neben zwei Feldern bei Ruhstorf an der Rott gibt es Standorte in der Nähe von Ingolstadt und bei Kitzingen. Gut wäre, Sorten mit kürzeren Vegetationszeiträumen von 100 bis 110 Tagen zu finden, so Fleißner. Das Wetter sei in diesem Sommer schwierig gewesen. Auf eine Phase mit Hitze und Trockenheit sei eine Periode mit Regen und kühleren Temperaturen gefolgt, dann wieder Wärme.

"Die Pflanzen haben sogar starken Regen gut ausgehalten." Erdnüsse hätten für bayerische Bauern viele Vorteile, so Fleißner. Sie seien Pfahlwurzler, deren Wurzel schon vier Wochen nach der Saat bis zu zwei Meter tief in den Erdboden reichten. Das heißt, die Wurzeln erreichen auch dann noch Wasser, wenn der Boden von oben her mangels Regen austrocknet.

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