Die bizarre Welt des Andreas D.
Hakenkreuze, Nazi-Flagge und eine Akte bei der Polizei: Der 17-Jährige galt als äußerst aggressiv. Mit 14 wollte er sich in der Schule ein Messer besorgen, am Dienstag tötete er seine Eltern und sich selbst
REPPERNDORF Die Fakten sind klar: Andreas D. (17) ermordete in der Nacht zum Dienstag seine Eltern Martin (59) und Erika (50) im Elternhaus in Repperndorf bei Kitzingen. Dann fuhr er auf die A7 – als Geisterfahrer. Sein Leben endete an einem Lkw. Als die Polizei die Eltern vom Tod des Sohnes benachrichtigen wollten, fanden sie die schrecklich zugerichteten Leichen im Schlafzimmer. Dennoch bleiben viele Fragen offen...
Allen voran die, warum Andreas das getan hat. Und was für ein Mensch der 17-Jährige gewesen ist. Durch die Ermittlungen der Polizei und Aussagen seines früheren Klassenkameraden Daniel beginnt sich das Persönlichkeitsbild zu klären: Andreas war ein Neo-Nazi, gewalttätig und voller Hass auf seine Umwelt.
Bei der Tatortarbeit öffneten die Beamten auch eine ans Wohnhaus angrenzende Scheune, offenbar das Rückzugsgebiet für Andreas: An den Wänden waren Hakenkreuze gesprüht. Er hatte eine Reichskriegsflagge aufgehängt. Im Schlafzimmer stellten die Ermittler die mutmaßliche Tatwaffe sicher – es war ein Beil. Damit hatte er den Eltern die Köpfe eingeschlagen und die Gesichter völlig entstellt. Das ergab die Obduktion gestern. Ein weiteres Beil, Messer und Schraubenzieher, die in seinem Autowrack gefunden wurden, haben nichts mit der Tat zu tun.
Seine Mutter führte ein Terror-Regime
Für die Polizei war Andreas schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr: Bereits im November 2007 alarmierte die Schulleitung die Behörde. Andreas hatte einen Mitschüler gebeten, ihm ein Messer zu besorgen. Angesichts verschiedener Schul-Amokläufe nahm die Schulleitung den Vorfall ernst. Andreas wurde von Polizisten direkt aus dem Klassenzimmer geholt.
Auch wegen Sachbeschädigungen an Autos wurde ermittelt. Wie die Main-Post schreibt, fühlte er sich 2009 von zwei Mädchen ausgelacht. Zur Vergeltung zerstach er einem der Väter der Mädchen die Autoreifen, beim anderen zertrümmerte er die Heckscheibe von dessen Auto. Ein Jugendrichter bescheinigte ihm eine „erhebliche kriminelle Energie“. Danach brachte ihn der Vater mit dem Auto zur Schule.
Leicht hatte es Andreas zuhause allerdings nicht. Was der Richter als „überbehütet“ bezeichnete, war in Wahrheit wohl eher ein Terror-Regime, das die im Ort als aggressiv und streng gläubig beschriebene Mutter anführte: Andreas wurde von klein auf isoliert, durfte nicht mit anderen Kindern spielen.
Demgegenüber hörten Nachbarn, wie Andreas seine Mutter anschrie, er werde sie „umbringen“. Streitigkeiten wie diese musste die Polizei zuletzt im Januar dieses Jahres schlichten.
Andreas’ früherer Klassenkamerad Daniel (18) vervollständigt das Bild des jungen Mannes: „Er war wie zwiegespalten: Manchmal ruhig, abwesend, in einer anderen Welt, dann wieder völlig aggressiv.“ Wenn er diese Phase hatte, schrie er nur herum: „Lasst mich in Ruhe, verpiss dich, ich bring dich um.“ Daniel: „Ich habe das anfangs ins Lächerliche gezogen, ihn nicht ernst genommen. Später bin ich ihm dann komplett aus dem Weg gegangen. Wie alle anderen auch.“ Susanne Will
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