Die Alpen bröckeln: Extremkletterer Stefan Glowacz warnt vor Katastrophen in Bayern
Die Besiedelung der Alpen und das Anlegen der Wanderwege müssten künftig neu gedacht werden, mahnt Stefan Glowacz. Nur so könne man sich auf die Auswirkungen der Klimaerwärmung in den Alpen vorbereiten, sagt der bekannte Bergsteiger und Extremkletterer am Montag bei einer Diskussionsrunde im Münchner Presseclub.
Nach dem Bergsturz in der Schweiz diskutiert Glowacz gemeinsam mit dem bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sowie mit Manfred Otzelberger vom Presseclub über die Frage: Wie gefährdet sind die Alpen?
Die Berge, die wir alle so lieben, sind in Gefahr, darüber sind sich die Sprecher einig. Umweltminister Glauber ist vergangene Woche erst in der Schweiz zu Besuch gewesen, um mit Abgeordneten über die verheerende Lawine im Schweizer Kanton Wallis zu sprechen.
Dramatischer Felssturz hat Schweizer Ortschaft lahmgelegt
Eine enorme Eis- und Geröllmasse hatte am 28. Mai das Dorf Blatten im Lötschental zu großen Teilen verschüttet. Zuvor waren die Menschen im Ort evakuiert worden, eine Person ist ums Leben gekommen.
Als Auslöser der Katastrophe gilt, dass der oberhalb gelegenen Berggipfel des Kleinen Nesthorns einstürzte. Dessen Geröll belastete den Birchgletscher derart, dass er mitsamt dem Schutt ins Tal krachte.
Die Schweizer Behörden hätten „hochprofessionell auf das dramatische Ereignis reagiert“ und mit ihrer wissenschaftlichen Datenlage ein schreckliches Ereignis verhindert, so Glauber.
Bayerns Umweltminister will aus der Katastrophe im Lötschental lernen
Die langjährige Kooperation mit der Schweiz, insbesondere mit dem Kanton Graubünden, möchte er künftig nutzen. Bayern könne von den Erfahrungen der Schweizer profitieren, etwa im Naturgefahrenmanagement. „Mit dieser Datengrundlage können wir Menschen schützen.“

Auch Glowacz, der in Oberau bei Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen ist, sagt, dass die Datenerhebung durch die Wissenschaft signifikant sei, um ein Frühwarnsystem einrichten zu können. „Aber verhindern können wir Felsstürze nicht“, so der Kletterer. Ohnehin komme es bereits zu viel mehr Felsstürzen im Alpenraum, als die Bevölkerung in den Medien mitbekomme. „Das ist nur die Spitze vom Eisberg.“
"Wenn Gletscher weg sind, drohen Felsstürze auch in Bayern"
Bis 2034 könnten auch die letzten vier verbliebenen bayerischen Gletscher Geschichte sein. Das hat der zweite Bayerische Gletscherbericht bereits im Jahr 2021 prognostiziert. „Wenn Gletscher weg sind, drohen Felsstürze und Bodenerosionen, auch in Bayern“, so Glowacz. Deshalb müsse man die Wege und die Besiedlung insgesamt entsprechend anpassen.
Für den gesamten Alpenraum sei ein solches Ereignis wie in der Schweiz, „erst der Beginn von dem, was wir zu erwarten haben“, meint der Bergprofi, der bereits auf der ganzen Welt Gipfel erklommen hat. Bestimmte Regionen, etwa in der Schweiz, hätten dann auch mit einem großen Wasserversorgungsproblem zu kämpfen, sollten derartige Ereignisse abermals eintreffen. „Die Auswirkungen der Klimaerwärmung werden uns über Generationen begleiten, in einem Ausmaß, das wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können.“
Bebauung der Alpen laufe in "völlig falsche Richtung"
Glowacz appelliert, dass Klimaanpassungen nur durch einen Schulterschluss von Politik, Tourismusregionen und Vereinen gelingen können. „Wir müssen uns an die neuen Voraussetzungen anpassen, unser Verhalten ändern und unseren CO2-Fußabdruck so klein wie möglich halten.“
Dazu gehöre auch, dass die Bevölkerung mehr für den Erhalt der Natur sensibilisiert werde. Die Bergwelt sei spektakulär genug, „auch ohne Bebauungen, oder Installationen wie Aussichtsplattformen oder Flying Fox“, sagt Glowacz. Aktuell gehe die Bebauung der Alpen in „eine völlig falsche Richtung“. Der Fokus müsse mehr auf dem Erhalt der Natur liegen, anstelle von „Disneyland und Abenteuerpark“.
Extremkletterer Stefan Glowacz: Bevölkerung vor Ort muss zusammenarbeiten
Auch Glauber sagt, dass eine Anpassung nur gemeinsam gelinge. Er betont, dass die Regierung mit der Bevölkerung in den Regionen vor Ort zusammenarbeiten und die Menschen informieren müsse. „Man darf diese Gefahren durch den Klimawandel nicht aus der Diskussion verschwinden lassen.“ Denn der Klimawandel werde die Menschen in Zukunft beschäftigen, sei es durch Trockenheit oder Starkregenereignisse.
Dennoch müsse man auch Vertrauen in die Politik haben. Man bereite sich auf solche Situationen in Bayern vor. Von den 1,3 Milliarden im Haushalt würden rund ein Drittel für die Anpassungen an den Klimawandel ausgegeben werden.
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