Der tiefe Fall eines Provinzfürsten

Städtische Gelder für private Zwecke genutzt: Ex-Bürgermeister verliert sein Ruhestandsgehalt. Es ging um Notebooks, sieben Handys, Kameras, Küchengeräte, Klarinetten für seine Ehefrau.
von  John Schneider
Untreue in 30 Fällen: Ex-Bürgermeister Franz Josef L.
Untreue in 30 Fällen: Ex-Bürgermeister Franz Josef L. © ho

Städtische Gelder für private Zwecke genutzt: Ex-Bürgermeister verliert sein Ruhestandsgehalt.

MÜNCHEN - 2420 Euro bekommt Franz Josef L. als Ruhestandsgehalt jeden Monat überwiesen – künftig jedoch nicht mehr. Der 56-jährige Ex-Bürgermeister (CSU) hat gestanden, seine Amtszeit missbraucht zu haben: In mindestens 30Fällen hat er private Anschaffungen aus der Stadtkasse bezahlt. Es ging um Notebooks, sieben Handys, Kameras, Küchengeräte, Klarinetten für seine Ehefrau sowie ein Skelett auf Rollen für seinen Medizin studierenden Sohn – insgesamt Waren im Wert von knapp 10000 Euro. Der Verwaltungsgerichtshof betätigte gestern, dass Franz Josef L. damit seinen Anspruch auf ein Ruhestandsgehalt verwirkt hat.

Im Oktober 2007 kamen die betrügerischen Machenschaften ans Licht, im November stellte der Politiker Selbstanzeige, versuchte so zu retten, was nicht mehr zu retten war. Im Januar 2008 demonstrierten 200 erboste Gredinger gegen ihr Stadtoberhaupt, kurz darauf wurde er des Amtes enthoben. Drei Monate später war Kommunalwahl – Franz Josef L. trat gar nicht mehr an.

Die Ermittlungen gegen ihn mündeten in ein Strafverfahren. Das Schwabacher Urteil fiel aber milde aus. Zu milde. 11 Monate auf Bewährung wegen Untreue reichten nicht, um ihm die Ansprüche auf das Ruhestandsgehalt für 12 Amtsjahre automatisch zu nehmen.
Sogar die Staatsanwältin schien ihn schützen zu wollen, sprach im Gerichtssaal davon, dass er das wohl nicht wieder machen würde. Und erntete Hohngelächter der Gredinger im Zuschauerraum.

Der Bürgermeister war zu diesem Zeitpunkt schon längst entmachtet und hatte daher gar nicht mehr die Möglichkeit, in die Stadtschatulle zu greifen.
Landesanwältin Karin Sioller strengte ein Verfahren an, um das Gehalt zu stoppen. Das Verwaltungsgericht Ansbach gab ihrem Antrag im Oktober 2009 statt. Gestern erklärte Siller noch einmal, dass sich der Bürgermeister wie ein „Provinzfürst” aufgeführt habe.
Sie forderte das Gericht auf, ein Zeichen für alle Kommunalwahlbeamten zu setzen. Und setzte sich durch. Der Senat stoppte die Überweisungen. Doch auch Franz Josef L. kann sich ein wenig als Gewinner fühlen. Der unter Depressionen leidende, aber schuldfähige Mann hat dank seiner Berufung noch 20Monate weiter kassiert. Insgesamt knapp 50000 Euro.

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