Der Lockruf des Goldes

Artist (20) betrügt seine Geliebte um Edelmetall im Wert von fast einer halben Million Euro. Doch er wird schnell gefasst. Das Jugendschöffengericht in Augsburg schickt ihn 27 Monate ins Gefängnis
John Schneider |
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AUGSBURG Am Ende muss der Notarzt ins Augsburger Justizzentrum kommen. Die Mutter von Paolo G. (20, Namen geändert) war nach dem Urteil zusammen gebrochen. Ihr Sohn, der seinem gutgläubigen Opfer Gold im Wert von fast einer halben Million Euro abgeluchst hatte, wird wegen Betruges die nächsten zwei Jahre und drei Monate im Knast verbringen. Das ist zu viel für die Frau. Noch im Gerichtssaal schluchzt sie laut auf, bekommt dann vor der Tür einen Schreikrampf.
Der Fall: Paolo G. hat sich neben seinem Job als Artist im Familienzirkus ein zweites Standbein aufgebaut: Wohnungsauflösungen. Krankenschwester Hanna S. (25) meldete sich im August auf eines seiner Inserate, weil sie eine Wohnung geerbt und das Inventar zu Geld machen wollte.

Die beiden kamen zwar nicht ins Geschäft. Dafür fand man sich auf Anhieb „sympathisch”. Die Krankenschwester und der Artist begannen eine Beziehung. Was Hanna S. wusste: Paolo G. war eigentlich schon in festen Händen. Was sie nicht wusste: Er hatte einen falschen Namen genannt, sich ihr gegenüber als „Jack Beck” ausgegeben und auch ein falsches Geburtsdatum angegeben. Auch seine Geschichte von seiner großen Erbschaft war gelogen. Hanna S. aber fasste Vertrauen, erzählte ihm von den Goldbarren und -münzen, die sie geerbt hatte. Stattliche 13 Kilogramm, ein richtiger Schatz.
Paolo G. erliegt dem Lockruf des Goldes. Er erklärt ihr, er kenne jemand, der anstatt der üblichen 45000 Euro pro Kilo 55000 Euro bezahle. Man müsse dafür aber mit dem Gold nach Mannheim fahren.
Kurz bevor es losgeht, ruft er an und erklärt ihr, sie könne leider nicht mit ihm nach im Auto fahren, da seine Freundin ihn begleiten würde. Macht aber nichts, sie soll ihm einfach die Tasche mit dem Gold mitgeben. Sie würden sich dann am Bahnhof treffen.

Hanna S. wird immer noch nicht misstrauisch. Sie gibt ihm fast 11 Kilo Gold (Wert: 469000 Euro) mit und fährt dann im Zug nach Mannheim. Wer nicht kommt, ist Paolo G. „Da hat es bei mir geklingelt”, sagt sie vor Gericht aus. Zu spät. Das Gold war erst mal futsch.
Auf ihre Anrufe antwortete er nicht mehr. Hanna S. erstattete Anzeige. Die Ermittler kamen dem Betrüger per Telefonüberwachung aber schnell auf die Spur. Im November schlugen die Fahnder zu. Paolo G. wurde verhaftet und kam in Untersuchungshaft.
Doch auch dann noch hoffte er offenbar, einen Teil der Beute für sich behalten zu können. Eine Hälfte des Schatzes war bei ihm gefunden und beschlagnahmt worden. Die andere Hälfte aber blieb verschwunden. Erst am Tag vor der Verhandlung übergab sein Anwalt den Rest. „Es ist alles da”, bestätigt Hanna S.
Die erhoffte Bewährung aber verweigert das Gericht dem Angeklagten. Der große Wert des Goldes, seine kriminelle Energie und die Salamitaktik bei der Wiedergutmachung legt das Jugendschöffengericht gegen ihn aus.

Paolo G. steht eine schwere Zeit bevor: „Eine Woche im Gefängnis ist für mich wie ein Monat.”

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