Der Klau von Bethlehem: ein Ortsschild auf Abwegen

Immer wieder zur Weihnachtszeit werden Langfinger vom Ortsschild der Gemeinde im Ostallgäu magisch angezogen. Auch die Orte Heiland und Ewigkeit sind eine Attraktion.
von  Abendzeitung
Das Ortsschild von Bethlehem im Ostallgäu
Das Ortsschild von Bethlehem im Ostallgäu © dapd

Immer wieder zur Weihnachtszeit werden Langfinger vom Ortsschild der Gemeinde im Ostallgäu magisch angezogen. Auch die Orte Heiland und Ewigkeit sind eine Attraktion.

BETHLEHEM Wenn es Weihnachten wird, bangen die Einwohner eines kleinen Ortsteils im Ostallgäu um ihr Ortsschild: „Bethlehem“ steht dort zu lesen, und bei diesem Anblick juckt es manchem Spaßvogel in den Fingern. Wie im vergangenen Jahr am Heiligen Abend, als das Schild geklaut wurde, während die Bürger in der Kirche waren. „Fachmännisch abgeschraubt haben es die Diebe“, erinnert sich der Altbürgermeister Heinrich Hutter.

Geschnappt wurden die Übeltäter nie. Die Polizei habe den Diebstahl zwar aufgenommen, sagt Martin Adomat, der nur wenige Meter vom Tatort entfernt wohnt, das Schild sei aber nicht wieder aufgetaucht. „Das wird irgendwo in einer Kellerbar zur Belustigung hängen“, vermutet er.

Altbürgermeister Hutter wird immer wieder auf den Ortsteil von Lengenwang angesprochen. 35 Einwohner und gerade mal zehn Häuser sind es – und eben ein biblischer Name. So staunen viele, die zum ersten Mal hierherkommen, beim Blick auf das Ortsschild.

Das neue Schild hängt inzwischen wieder – allerdings in einer veränderten Version. Stand auf dem geklauten Exemplar noch groß Bethlehem und klein „Gde. Lengenwang, Kreis Ostallgäu“, so ist auf dem neuen Schild das Bethlehem in die Unterzeile gewandert und klein, während „Lengenwang“ groß zu lesen ist. „Damit nicht so schnell wieder eines geklaut wird“, vermutet Adomat.

Er ist Schreiner und Drechslermeister und bringt noch mehr Weihnachten nach Bethlehem. Mit lebensgroßen Figuren hat er eine Krippe aufgebaut, nur wenige Meter vom Ortsschild entfernt. Immer wieder halten Autofahrer an und lassen sich vor der großen Krippe von Bethlehem fotografieren. Genauso beliebt sind die Fotos vorm Ortsschild – trotz der Änderung.

Wenig biblisch ist der Ursprung des Allgäuer Ortsnamens Bethlehem, wie Hutter erzählt. Bis in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts habe Bethlehem Bettelheim geheißen, weil es nur ein paar einfache Häuser mit recht armen Bewohnern gab. „Als dann mal einer sich das Wassergeld für ein Stück Vieh stunden lassen wollte, war erstmals die Rede davon, dass einer von Bethlehem den Antrag auf Stundung gestellt hat“, erzählt der Altbürgermeister. Nach und nach war offenbar ohne erkennbaren Anlass aus Bettelheim "Bethlehem" geworden.

Nur zehn Kilometer von Bethlehem weg findet sich ein weiterer biblischer Ortsname: Ein kleiner Marktoberdorfer Stadtteil heißt „Heiland“. Und wer sich bis ins württembergische Allgäu aufmacht, kann sogar „Ewigkeit“ finden.

wit

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