Der "Kehlstein-König": Diesen Rekord wollte er unbedingt knacken
Berchtesgaden - Sechseinhalbmal um die Welt: 260.000 Kilometer ist Kehlstein-König Georg Winkler auf den gleichnamigen Berg gefahren – mit dem Bus. Fast 20.000 Mal hoch und runter. Mehr als 400.000 Passagiere hat er zu einem der beliebtesten Tourismusziele Bayerns transportiert.
"Natürlich habe ich überlegt, über meine Erlebnisse ein Buch zu schreiben", sagt der 76-jährige Busfahrer, der 50 Jahre im Bus saß und seit wenigen Wochen in Ruhestand ist.
Seine Karriere hat in Teheran und Bagdad begonnen
Als Winkler das erste Mal in einen Bus stieg, gab es noch die gelben Post- und die roten Bahnbusse. Es waren die 70er-Jahre. "Ich hatte schon immer Lust auf große Autos, auf große Lenker und Räder", sagt er, der als Reisebusfahrer startete.
Die Fahrpraxis sammelte er unter anderem in Teheran und Bagdad – als Fernfahrer. Über eine Annonce stieß der damals 31-Jährige auf eine Ausschreibung: Der Schah von Persien hatte 5000 Lkw gekauft. "Die mussten unter anderem von Reutlingen überführt werden."
Winkler: "Wenn einer ein Problem hatte, waren die anderen da, um zu helfen"
Viel Geld gab es für den abenteuerreichen Ausflug zwar keines, dafür 500 Mark Provision, falls es gelang, den Lkw schadenfrei ans Ziel zu bringen. Daraus wurde nichts: Nicht nur die Räder wurden bei dem Trip geklaut, sondern auch Diesel abgepumpt, bei einem Mal selbst der Außenspiegel geklaut.
Die Lkw-Transporteure fuhren im 15er-Konvoi: "Wenn einer ein Problem hatte, waren die anderen da, um zu helfen."
Winkler startete seine Busfahrer-Karriere zunächst als Reisebusfahrer in Berchtesgaden als Postbus-Fahrer. "Das waren noch Zeiten." Der Kehlstein, war schon immer sein Traum. Die Strecke galt und gilt als Unikum und als besondere fahrerische Herausforderung.
"Für die Busfahrer war die Tour, die seit 1952 befahren und von der Deutschen Bundespost betrieben wurde, immer ein Privileg." Zu Anfangszeiten dauerte die Fahrt noch 35 Minuten, heute sind es 15 – bei 33 Kilometern pro Stunde Durchschnittsgeschwindigkeit. Die Fahrt mit dem Bus auf den Berg ist zudem die höchstgelegene Buslinie Deutschlands.
"Busfahren ist in Berchtesgaden häufig ein ziemlicher Massentourismus geworden"
Winkler hat diese in seinen 45 Dienstjahren so häufig befahren wie kein Zweiter: "Eigentlich wollte ich die 20.000er-Marke knacken", sagt er. Geschafft hat er das schließlich aber nicht auf der 6,5 Kilometer langen Strecke, die knapp 800 Höhenmeter überwindet. Auch, weil ihm Corona einen Strich durch die Rechnung machte. Zwei Jahre musste er während der Pandemie auf das Fahren verzichten.
"Busfahren ist in Berchtesgaden häufig ein ziemlicher Massentourismus geworden", sagt Winkler. Vor allem, seitdem die Fahrten für Urlauber kostenlos geworden sind. Zwar gilt das nicht für den Kehlstein, hingegen aber bei den anderen Buslinien. Es gebe einige, die im Bus sitzen bleiben, manchmal sogar den ganzen Tag - um sich herumkutschieren zu lassen: Sightseeing aus dem Bus heraus.
"Kein Kommentar" zu E-Bus-Fahrten
Mit zusätzlichen Brandschutzauflagen wurde die Zahl der Gäste begrenzt – somit auch die Kapazität der Busfahrten. Sowieso seitdem die Busse auf einen elektrischen Betrieb umgestellt wurden. Wie Winkler das E-Bus-Fahren gefällt? "Kein Kommentar", sagt er lapidar.
Er ist viel länger Bus gefahren, als er hätte müssen. "Jetzt ist es aber wirklich vorbei", sagt der Berchtesgadener. Der ursprüngliche, nicht ganz ernst gemeinte Plan, vom Lenkrad direkt in den Sarg befördert zu werden, wird nicht aufgehen.
Auch sein Sohn ist Busfahrer geworden
Klar ist: Ihm wird die tägliche Fahrt in die Bus-Zentrale im Stangenwald in Bischofswiesen fehlen. Langweilig wird ihm dennoch nicht sein: "Ich habe aber auch so genug zu tun." Als Musikant will er sich weiter seinem Kontrabass widmen.
Sein Sohn ist auch Busfahrer geworden. Die Leidenschaft muss er vom Vater in die Wiege gelegt bekommen haben. "Er ist genauso verrückt wie der Papa", sagt Winklers Frau.
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