Der Appell des Zoo-Chefs

Dag Encke hielt eine flammende Rede über Flocke, ihre Vermenschlichung und den Klimawandel. Jeder gesparte Auto-Kilometer, jeder nicht verbrauchte Strom hilft ihren Artgenossen.
NÜRNBERG Dag Encke, Nürnbergs Zoo-Chef, beschränkte sich bei der Pressekonferenz nicht auf übliche Statements. Er hielt eine Rede. Eine flammende, beeindruckende, kritische – und liebevolle – Rede.
Die immer wieder gestellte Frage, warum Zoos überhaupt Eisbären halten, begründete er so: „Weil wir Menschen sie mögen.“ „Der Treibhauseffekt des Klimawandels wird den Eisbären den Boden unter den Füßen wegziehen.“ Somit brauche man keine weiteren Tiere „dem Tod auszuliefern“, in dem man sie auswildere.
Zootiere als Motivation?
Mit dem Umstand, dass der Eisbär die Herzen der Menschen erobere, könne man vielleicht „Menschen zum Umdenken bewegen“. Mit Flocke kann der Zoo komplexe Zusammenhänge darstellen. Wie die Verbindung des Klimakillers Kohlendioxid und Eisschmelze. Zootiere müssten Menschen „im Idealfalle zum Handeln motivieren können“. Encke wandte sich direkt an die Presse: „Sie werden berichten, wie Flocke gelaufen ist, ob sie ins Wasser gegangen ist, ob sie einen Haufen gemacht hat und wenn ja, wohin. Der Schiss eines Eisbären hat mehr Wind in die Nachrichtenkanäle gebracht als so mancher Wirbelsturm.“
Für Encke ist das Interesse an der Flocke personifiziert. Sie wird vermenschlicht, gerettet, geliebt, verehrt. „Flocke ist kein Eisbär mehr“, Flocke sei „ein Bedürfnis, das von Ihnen und uns bedient wird – ohne dass wir wissen, um welches gesellschaftliche Bedürfnis es sich dabei handelt.“ Aber die Flocke-Aufmerksamkeit werde „getragen von einem guten, positiven Gefühl“. Sein Appell: „Machen wir den Menschen deutlich, dass die größte Liebeserklärung, die man einem kleinen Eisbär machen kann, ein Beitrag für den Klimaschutz ist. Wir sollten nicht vergessen: Ein überlebender Eisbär in der Arktis steht primär auch für die Überlebenschancen vieler Menschen. Denn das Schmelzen der Polkappen ist nur die Spitze des Eisbergs. Der von uns noch nicht erkennbare Kegel betrifft die gesamte Menschheit.“
Lob von Bayerns Umweltminister Ottmar Bernhard: „Flocke ist eine tolle Botschafterin für den Umweltschutz. Der Zoo macht es sehr gut, diese Zusammenhänge darzustellen.“
sw