​Den Schnittlauch baut der Chef selbst an: Das steckt hinter Yorma's

Yorma Eberl ist mit sechs Geschwistern und als Kind und einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Da lernt man nichts zu verschwenden - das zeigt sich auch in seinen Filialen.
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Elissavet Pechlivanidi Teamleitung (r.) übergibt Gebäck an eine Mitarbeiterin von Foodsharing.
Elissavet Pechlivanidi Teamleitung (r.) übergibt Gebäck an eine Mitarbeiterin von Foodsharing. © Andrea Knopf
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"Lebensmittel wirft man nicht weg !“ – Yorma Eberl, Gründer und Vorstand der Yorma’s Systemgastronomie mit Hauptsitz in Plattling, ist, wie er sagt, mit sechs Geschwistern und als Kind einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Da lernt man, nichts zu verschwenden.

In seinem 1985 – also vor 40 Jahren – gegründeten Unternehmen leben er, seine beiden Töchter und seine rund 1200 Mitarbeiter diese Überzeugung bis heute – unter anderem dadurch, dass Lebensmittel, die in den 59 deutschen Yorma’s-Filialen jeden Tag nach Ladenschluss übrig bleiben, an bedürftige Menschen weitergegeben werden.

Yorma Eberl, Gründer und Vorstand der Yorma’s Systemgastronomie.
Yorma Eberl, Gründer und Vorstand der Yorma’s Systemgastronomie. © Andrea Weidemann

Seit Jahren schon, erklärt Andrea Knopf aus der Kreativ-Abteilung in der Plattlinger Zentrale, kooperiere Yorma’s in diesem Zusammenhang mit karitativen Einrichtungen wie der Bahnhofsmission, den Tafeln oder Foodsharing. Deren ehrenamtliche Mitarbeiter würden die Lebensmittel vielfach direkt nach Ladenschluss an den Yorma’s-Standorten abholen, ihre eigenen Behältnisse mitbringen und selbst die Kühltheke leeren.

Restereduzierung dank halbem Preis

Welche Mengen täglich anfallen, lässt sich schwer sagen. Das hänge in einer Systemgastronomie, die überwiegend an Bahnhöfe gekoppelt sei, von vielen Faktoren ab, sagt Meriem Ben Hassine, die gemeinsam mit Andrea Knopf in der Kreativabteilung arbeitet. Abhängig vom Reiseverkehr schwanke zum Beispiel der Kundenandrang. Aber: "Unser Ziel ist es immer, dass am Ende des Tages möglichst wenig übrig bleibt.“

Meriem Ben Hassine (l.) und Andrea Knopf aus der Yorma’s-Kreativabteilung mit „Ferdi“.
Meriem Ben Hassine (l.) und Andrea Knopf aus der Yorma’s-Kreativabteilung mit „Ferdi“. © Andrea Weidemann

Ganz vermeiden lässt sich das aber auch bei bester Kalkulation nicht. Abgesehen von der Zusammenarbeit mit Bahnhofsmission, Foodsharing und Tafel werden im Sinne von Nachhaltigkeit und sozialem Denken darüber hinaus in den Filialen bestimmte Produkte – Salate, Obst- und Joghurtbecher – am nächsten Tag zum halben Preis verkauft. "So kann sich auch jemand mit kleinem Geldbeutel etwas Gesundes leisten“, sagt Andrea Knopf.

Mehrwegbecher werden kaum genutzt

Ebenfalls zum halben Preis gebe es jeweils eine Stunde vor Ladenschluss alle unbelegten sowie süßen Backwaren. "Dadurch reduzieren wir die Mengen, die am Abend übrig bleiben, deutlich.“ Resteverwertung beziehungsweise -reduzierung ist aber längst nicht alles, was das trotz seiner Größe nach wie vor familiengeführte Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit unternimmt. "Wir gehören zur Verkehrsgastronomie. Da fällt viel Müll an“, merkt Yorma Eberl an. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern tue er alles, um diesen Abfall zu reduzieren – ungeachtet der Tatsache, dass das Bewusstsein für Klima und Umwelt seit einigen Jahren wieder rückläufig sei.

Eindrückliches Beispiel hierfür: die mangelnde Akzeptanz von Mehrwegbehältnissen. Obwohl Kunden, die ihr eigenes Mehrwegbehältnis mitbringen oder einen der Yorma’s Mehrwegbecher nutzen, sogar einen Preisnachlass auf Heißgetränke erhielten, sei das Interesse verschwindend. "Nur geschätzt jeder 1000ste Kaffee, der bei uns über die Ladentheke geht, befindet sich in einem wiederverwertbaren Behälter.“ Das sei schade. Zumal Yorma’s seine Mehrwegbecher intensiv beworben habe. "Kunden können ihre Tasse in der Filiale nach Gebrauch sogar waschen lassen“, ergänzt Andrea Knopf. Dafür habe das Unternehmen eigens einen Spül-Roboter entwickelt.

Der selbst entwickelte „Spül-Boy“
Der selbst entwickelte „Spül-Boy“ © Andrea Weidemann

An der Grundüberzeugung von Yorma Eberl ändert so etwas nichts. Ihm gehe es nicht um Gewinn-, sondern um Kundenmaximierung, betont er. Auch denke er weit voraus, daran, dass ein gesundes Unternehmen zufriedene Kunden, motivierte Mitarbeiter und ein stabiles Umfeld braucht. "Mindestlohn ist bei uns kein Thema“, fällt ihm dazu ein. Und apropos Mitarbeiterfreundlichkeit: Seit ein paar Jahren arbeiteten alle Beschäftigten nurmehr vier Tage, jedoch zum vollen Lohn.

Den Schnittlauch baut Yorma Eberl selbst an

Kreislaufwirtschaft findet er gut, dasselbe gilt für kurze Transportwege und regionale Produkte. "Einige unserer Getränke, unser Obst und Gemüse sowie all unsere Kaffeespezialitäten stammen von regionalen Erzeugern“, bestätigt Andrea Knopf. Seinen Kaffee beziehe Yorma’s beispielsweise vom Familienbetrieb Dinzler aus Rosenheim, wo er klimaneutral geröstet werde. Und den Schnittlauch für die beliebten Schnittlauch-Butterbrezn – "eines unserer stärksten Produkte“ – baue der Firmenchef auf der Terrasse der Hauptverwaltung für die benachbarte Plattlinger Filiale sogar selbst an.

Für alle 59 Filialen reicht der "grüne Daumen“ von Yorma Eberl natürlich nicht aus. Weshalb von Hamburg bis Rosenheim jede Niederlassung auf ihre eigenen regionalen Obst- und Gemüsehändler setzt. An der Kasse, versichert der Unternehmer, koste trotzdem jedes Produkt dasselbe. Denn: "Gleiche Preise und gleiche Löhne in allen Filialen: Wie wichtig das ist, habe ich schon vor vielen Jahren gelernt, als ein niederbayerischer Handwerker plötzlich bei Yorma’s in Berlin vor mir stand und nicht fassen konnte, dass die Brezn dort deutlich mehr kostet als daheim.“

Das Firmengebäude in Plattling.
Das Firmengebäude in Plattling. © Andrea Weidemann

Dass Yorma Eberl oder eine seiner Töchter Ramona und Tamara in irgendeiner der über ganz Deutschland verteilten Niederlassungen aufschlagen, ist bis heute gang und gäbe. Denn auch wenn sie an der Spitze des über vier Jahrzehnte gewachsenen Unternehmens stehen, agieren sie am liebsten mittendrin. Gereist wird dabei, wie kann es anders sein, mit der Bahn. Mit der ist Yorma Eberl schließlich von der ersten Bahnhofsgastronomie an eng verbunden. Und obendrein schafft Bahnfahren Kundennähe: "Wer weiß, wie Zugreisende ticken, kann ihnen den Aufenthalt am Bahnhof so angenehm wie möglich bereiten.“

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