Das „Yeah“ hinter dem Amoklauf

Der erste „Nürnberger Tatort“ im Theater Salz und Pfeffer verliert sich trotz kluger Text-Montage größtenteils im Impro-Klamauk und bleibt ohne Durchschlagskraft – am 27. Mai folgt Teil zwei
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Rolf Kindermann, Hartmut Neuber und Felix Axel Preißler in einem mitreißendem Moment des ersten „Nürnberger Tatort“.
az Rolf Kindermann, Hartmut Neuber und Felix Axel Preißler in einem mitreißendem Moment des ersten „Nürnberger Tatort“.

NÜRNBERG - Der erste „Nürnberger Tatort“ im Theater Salz und Pfeffer verliert sich trotz kluger Text-Montage größtenteils im Impro-Klamauk und bleibt ohne Durchschlagskraft – am 27. Mai folgt Teil zwei

Wenn gebrüllte „Yeahs“ und fieses Mobbing aus Jugend-Blogs und deren Chatforen zu befremdlichem Erstaunen des Publikums führen, dann sind die Schauspieler Rolf Kindermann, Hartmut Neuber und Felix Axel Preißler vom Staatstheater im ersten „Nürnberger Tatort“ unter der Leitung von Veit Güssow auf dem richtigen Weg: Es geht schließlich um viel, um das große Ganze, die Gesellschaft und die Ursachen von Amokläufen. Doch darin liegt auch das Problem. Zwischen Columbine und Ansbach, zwischen Media-Einspielungen, Improtheater, gelesenen Szenen und Computerspielen verliert sich das Projekt zwischen albernen Kalauern und langwierigen, nicht zu Ende gedachten Skizzen ohne Durchschlagskraft.

Zwar ist die Idee durchaus gelungen, eine Mischung aus realen Experten (einem ehemaligen „Problemschüler“, der nun ein braver Student ist, einer Lehrerin, einem Computer-Spieleexperten) und der darauf folgenden spontan gespielten Interpretation von entscheidenden Szenen in ihrem Leben gegenüberzustellen. Und auch die dramatisierte Fallhöhe aus vorgelesenen Überflieger-Lebensläufen gegen wissenschaftliche Studien, die sich mit der Überforderung der Schüler beschäftigt, ist imposant. Aber das verbirgt nicht die Längen, noch macht es die bemüht wirkenden Regie-Einfälle (wie die Bestätigungsklingel bei richtiger Darstellung) des Impro-Experten Güssow wett. Es wird deutlich: Die vorherigen fast eineinviertel Stunden liefern nicht ansatzweise so viel Erkenntnis wie die finale, kluge Text-Collage mit hoher Schlagzahl: Aus Aussagen und Tagebuch-Einträgen von Amokläufern, Medien-, und Expertenberichten sowie entsetzlich pathetisch-hohlem Politiker-Sprech entsteht in dieser Montage eine Gesellschaft, die zwar jederzeit Menschlichkeit heuchelt – aber kompromisslos Leistung fordert.M. Mai

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