„Das war kein Thema“

Eishallen-Prozess: Am Donnerstag stand Bad Reichenhalls Ex-Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier als Zeuge vor Gericht. Heitmeier ist der prominenteste Zeuge in dem Mammutprozess.
von  Abendzeitung
Sichtkontakt zu den Müttern und Vätern von Opfern, die das Verfahren als Nebenkläger verfolgen, vermied er: Wolfgang Heitmeier
Sichtkontakt zu den Müttern und Vätern von Opfern, die das Verfahren als Nebenkläger verfolgen, vermied er: Wolfgang Heitmeier © dpa

TRAUNSTEIN - Eishallen-Prozess: Am Donnerstag stand Bad Reichenhalls Ex-Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier als Zeuge vor Gericht. Heitmeier ist der prominenteste Zeuge in dem Mammutprozess.

Der Mann, auf den alle gewartet haben, hat einen dunkelblauen Trachtenanzug angezogen. Zielstrebig geht er auf seinen Platz im Zeugenstand, überlegt zumeist einige Sekunden, bis er dort auf die Fragen der Richter und Nebenkläger antwortet. Und dann sagt Bad Reichenhalls Ex-Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier das,was viele von ihm erwartet hatten: „Es gab keine Zweifel an der Qualität der Dachkonstruktion der Eishalle. Schließen war kein Thema.“

Der drei Monate nach dem Einsturz der Eishalle als Rathauschef abgewählte Heitmeier war am Donnerstag als Zeuge vor dem Landgericht Traunstein geladen. Am 2. Januar 2006 waren nach tagelangem Schneefall beim Einsturz der Halle 15 überwiegend junge Menschen ums Leben gekommen. Wegen fahrlässiger Tötung müssen sich drei Ingenieure und Architekten im Alter von 55 bis 68 Jahren vor Gericht verantworten. Heitmeier ist der prominenteste Zeuge in dem Mammutprozess.

Doch schon kurz nach Beginn der mehr als vierstündigen Vernehmung ist klar, dass der Zeuge Heitmeier zurWahrheitsfindung längst nicht so viel beitragen wird, wie viele von ihm erwarten. Regelmäßig antwortet er auf Fragen des Gerichts, über Einzelheiten des Hallenzustandes nicht Bescheid gewusst zu haben. „Ich habe mich auf meine Mitarbeiter verlassen.“ An anderer Stelle wirft er ein: „Ich bin halt nur Jurist“ - und will damit sagen, dass er auf das Fachwissen des Personals im Bauamt setzte. Seinen Mitarbeitern stellt er ein gutes Zeugnis aus. Lobende Worte findet Heitmeier auch für jenen Gutachter, der 2003 im Auftrag der Stadt eine Bestandsaufnahme über die Eissporthalle und das angebaute Schwimmbad erstellte und als Mitangeklagter nun kaum drei Meter von ihm entfernt sitzt. „Das Architekturbüro schätze ich sehr, weil es immer zuverlässige Arbeit abgeliefert hat“, sagt er.

„Alibi-Bescheinigung“

Das Gutachten spielt eine zentrale Rolle im Prozess, weil es der Halle einen baulich guten Zustand bescheinigte. Ausgangspunkt war nach Heitmeiers Aussage aber die veraltete Schwimmbadtechnik. „Ich wollte mit dem Gutachten vermeiden, dass uns die Sanierungskosten aus dem Ruder laufen.“ Die Nebenkläger und Verteidiger kritisieren, für gerade 3000 Euro habe man den Bauzustand der Halle nicht gründlich untersuchen können. Am Montag hatte selbst der Vorsitzende Richter Karl Niedermeier bei einer anderen Zeugenvernehmung von einer „Alibi-Bescheinigung“ gesprochen. Über die Details des Zustandekommens des Gutachtens und die Kosten dafür wusste Heitmeier jedoch nicht Bescheid.

Nur einmal, als er auf das unmittelbare Erleben der Katastrophe zu sprechen kommt, wird die Stimme des ehemaligen Oberbürgermeisters brüchig: „Ich habe die Welt nicht mehr verstanden“, sagt er leise, „es konnte nicht sein, dass so etwas unbemerkt zusammenbricht."

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