Das Traumhaus als Werbung
NÜRNBERG - Die bayerischen „Architektouren“ laden ein zu gelungen umgesetzten Beispielen. Nürnberg ist weiterhin Entwicklungsgebiet, sagt Brigitte Jupitz im AZ-Interview.
Insgesamt 299 Objekte hat die Bayerische Architektenkammer für ihre diesjährigen und vierzehnten „Architektouren“, die am 27. und 28. Juni stattfinden, aufgeboten. Eine Rekordzahl, die auf den Mut zu ausdrucksstarken, bemerkenswerten Bauten aufmerksam machen will. Im Vergleich zu Oberbayern und München (dort kann man allein zu 57 Stationen pilgern) hinkt Nürnberg nach Einschätzung der Fachleute weiter gewaltig nach. Gerade mal acht Objekte (vom Flughafen-Parkhaus bis zur Erweiterung des Sachs-Gymnasiums) kann man in Nürnberg besichtigen, wahlweise mit dem „Architektourbus“. Wir sprachen mit Brigitte Jupitz, die als Architektin bis vor kurzem in der Bauordnungsbehörde saß und an der Auswahl beteiligt war.
AZ: Frau Jupitz, wenn ein U-Bahnhof zu den bemerkenswerten Neubauten Nürnbergs gerechnet wird, denkt man sofort: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
Schon, aber wir zeigen ja immer ganz gerne nicht nur Einfamilienhäuser. Die laufen immer als Endlosschleife, wie in der TV-Sendung „Traumhaus“. Und beim U-Bahnhof Gustav-Adolf-Straße sieht man, dass er wirklich gestaltet wurde von einem Architekten.
Warum bleibt die Auswahl vor Ort Jahr für Jahr dennoch so übersichtlich?
Weil wir kein so dichtes Bild haben wie in München und Oberbayern. Es gibt nicht weniger gute Architektur, es ist einfach weniger da.
Fehlt es dem Franken im Allgemeinen an Geschmack?
An Geschmack nicht.
An Geld? Ist es Geiz?
Sparsam sind wir schon immer ganz gerne. Das Aus-sich-herausgehen wie in München kennt man hier nicht. Dort protzt man mehr. In Franken macht man was, sagt’s aber nicht. München hatte auch drei Ausbildungsinstitute, das bescherte der Architektur ein ganz anderes Umfeld. Nürnberg ist mit der Ohm-Fachhochschule schwächer besetzt.
Oberbayern muss das Paradies sein für Architekten!
Auch nicht, weil sich zu viele Architekten auf den Füßen stehen. Und natürlich gibt’s da auch Bürohäuser, die potthässlich sind. Dennoch gilt: Da leistet man sich was.
Ist hier Besserung in Sicht?
Wenn ich ganz realistisch bin – eher nicht. Die Vermüllung der Städte durch Reklame war ja mein Lieblingsthema. Aber das stört keinen, da gibt’s keine Rückkoppelung.
Und beim qualitätvollen Bauen?
Auch nicht unbedingt. Bei diversen Gesprächsreihen von BauLust und im Neuen Museum sind ganz wenig Nicht-Architekten dabei.
OB Maly hat das Thema vor langer Zeit zur Chefsache erklärt. Durchschlagend war die Absichtserklärung nicht.
Nach außen immer. Da ist er ein wunderbar Vermittler. Es dringt nur nicht so, wie man sich das wünscht, nach hinten durch.
Der Architektourbus ist eine lokale Besonderheit mit bemerkenswerter Resonanz. Herrscht besonderer Nachhol- und Aufklärungsbedarf?
Ja. Der Bus wurde vor vier Jahren erfunden und hat großen Anklang. Eine stetig wachsende Fangemeinde registrieren wir. Aber das Thema ist halt nicht so populistisch wie der Pellerhof.
Wie kann es dennoch beflügelt werden?
Nur durch Vermittlung, Werben durch Fakten, durchs Zeigen von Beispielen. Die Bauherren, die ihre Häuser öffnen, spielen dabei eine große Rolle: Denen wird vielleicht mehr geglaubt.
Interview: Andreas Radlmaier
Info: www.byak.de. Mehr über die Architektouren in den AZ-Freizeittipps.
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