Das Lesen von morgen

Erlangen - Morgen beginnt das 30. Erlanger Poetenfest mit 70 geladenen Autoren und Publizisten – die AZ gibt einen Wegweiser durch das Festival
Die Zahlen sind schon mal auf Seiten der Veranstalter: Erhoffte 12000 Besucher, geladene 70 Autoren, Schriftsteller und Publizisten, von denen sechs in der Nominiertenlisten für den Deutschen Buchpreis stehen. Dass im Oktober die IHK-Kulturstiftung dem Erlanger Poetenfest den mit 10000 Euro dotierten Kulturpreis verleiht, komplettiert die frohe Zahlenspielerei. So steht’s im 78 Seiten schweren Programmheft des 30. Erlanger Poetenfestes, das morgen beginnt und bis Sonntag dauert. Herzstück des Festivals im Schlosspark sind die zahlreichen Autorenlesungen. Damit man vor lauter Zahlen noch die Buchstaben sieht, bietet die AZ einen Wegweiser durch das Festival, das sich diesmal auf Romane konzentriert, die an der Grenze zwischen Realität und Fiktion siedeln.
Die etablierten Romanciers warten dabei mit geradezu mutwilligen Übertretungen dieser Grenzen auf. „Die ganze Wahrheit“ über selbstherrliche Verlegerwitwen erzählt Norbert Gstrein (Sa, 16 Uhr). Noch weiter geht Peter Wawerzinek, der in „Rabenliebe“ sein eigenes Leben als Findelkind erzählt (So, 17 Uhr), während Thomas Lehr mit seinem fünften Roman „September. Fata Morgana“ seine Protagonisten frei erfunden hat, diese jedoch in reale Schauplätze integriert (Sa, 17.30 Uhr).
Die jungen Wilden, diesmal recht weiblich, stehen den männlichen Schwergewichten gegenüber. Drei von ihnen erscheinen mit ihrem Debüt-Roman. Die Jüngste ist die 23-jährige Mariam Künsel-Hussaini, die mit „Gott im Reiskorn“ die Hörer- und Leserschaft ins Reich der orientalischen Kalligraphie entführt (So, 15.30 Uhr), bevor Judith Zander die Bewohner eines verschwiegenen Dorfes zum Reden bringt („Dinge, die wir heute sagten“, So, 17.30 Uhr). Von einem verlassenen Dorf, genauer gesagt: von der Trümmerlandschaft eines Braunkohlereviers berichtet auch die redselige Ich-Erzählerin in Dorothee Elmigers Roman „Einladung an die Waghalsigen“ (Sa, 15.30 Uhr).
Das Junge Podium kümmert sich um den lesenden Nachwuchs. Acht Autoren werden dort ihre neuesten Kinder- und Jugendbücher (Sa/So, 14 bis 18 Uhr) vorstellen. Für die Leser von morgen ist also gesorgt, während man sich um das Lesen von morgen vielmehr Sorgen macht, und zwar in Diskussionsrunden und Gesprächen, in denen Debatten über E-Books und Weblogs nicht fehlen werden.
Drei Porträts der Autoren Hans Joachim Schädlich (Fr, 20.30 Uhr), Volker Braun (Sa, 20 Uhr) und des Ungarn László Krasznahorkai (Sonntag 20 Uhr) im Markgrafentheater runden das Festival ab.Maximilian Theiss