Das ist der Knast-Arzt, der einen Häftling verbluten ließ

Obwohl er Bereitschaft hatte, schaute Dr. Kurt P. sich die Verletzungen von Simon S. (23) nicht einmal an – und ließ auch nicht sofort den Notarzt rufen.
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Sieht keine Schuld bei sich: Dr. Kurt P. (61), langjähriger Chef der Krankenabteilung im Nürnberger Gefängnis.
bayernpress.com 2 Sieht keine Schuld bei sich: Dr. Kurt P. (61), langjähriger Chef der Krankenabteilung im Nürnberger Gefängnis.
Trauern um Sohn David (23): Valentin und Natascha S., die als Nebenkläger im Prozess am Amtsgericht auftreten.
bayernpress.com 2 Trauern um Sohn David (23): Valentin und Natascha S., die als Nebenkläger im Prozess am Amtsgericht auftreten.

Obwohl er Bereitschaft hatte, schaute Dr. Kurt P. sich die Verletzungen von Simon S. (23) nicht einmal an – und ließ auch nicht sofort den Notarzt rufen.

NÜRNBERG Musste David S. (23) sterben, weil der Arzt der Nürnberger Justizvollzugsanstalt (JVA) versagte? Nach einem Suizidversuch, bei dem er mit einer Rasierklinge mehrere Venen an beiden Armen durchtrennte, hatte er per Notrufknopf in Zelle B 106 vergebens einen Arzt verlangt.

Wegen fahrlässiger Tötung steht Dr. Kurt P. (61) mit dem Krankenpfleger Ilja S. (23) seit Mittwoch vor dem Nürnberger Amtsgericht. Beide hätten, so der Vorwurf, sofort einen Notarzt rufen müssen, um das Leben des Häftlings zu retten.

Der Gefängnisarzt ist derzeit vom Dienst suspendiert. Er drückte, wie auch der Pfleger, über seinen Verteidiger Bedauern über den Vorfall aus – doch strafrechtlich könne man ihm keinen Vorwurf machen. Da schüttelten Davids Eltern im Saal den Kopf, Mutter Natascha weinte leise.

Kollegenschelte: „Bei so tiefen Wunden hätte man sofort den Notarzt rufen müssen“

Klartext sprach gestern ein Notarzt: Dr. Klaus H. (57) war in der Nacht zum 16. Juli 2008 erst nach über einer Stunde vergeblicher Bemühungen vom Pfleger gerufen worden – und konnte beim Eintreffen nur noch den Tod des Häftlings durch Verbluten feststellen. „Bei so tiefen Wunden hätte man sofort den Notarzt rufen müssen“, so der Zeuge. Der hätte bis zur Einlieferung in die Klinik den Kreislauf stabilisiert und den Blutverlust durch Infusionen ausgeglichen.

Dr. Klaus H. war „ziemlich erstaunt“, dass man die Wunden nur mit fünf Klammerpflastern versorgte, die in der Ellenbogen-Beuge gar nicht halten. Schlicht „unsinnig“ sei das gewesen – wie auch die zwischenzeitlich erfolgte Verlegung des Häftlings vom ersten in den dritten Stock. Sie kostete den Notarzt weitere zehn Minuten, um durch versperrte Türen zu gelangen.

Um 2.40 Uhr früh hatte der Armenier David S. den Notruf-Knopf gedrückt. Zwei Wachleute schauten nur durch die Essensklappe und sahen ihn auf einer blutigen Pritsche sitzen. Entsprechend der „Nachtdienstanordnung“ informierten sie per Funk den diensthabenden Pfleger Ilja S., der 25 Minuten später eintraf – und dann Dr. Kurt P. zuhause anrief, weil der Bereitschaftsdienst hatte. Dr. P. ordnete dann die fragwürdige Versorgung an. Der Prozess geht am Montag weiter.

C. Schamel

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