Das Gesundheitsamt sammelt jetzt Spenden für Arme
Zusammen mit der Tafel will man mit dem Geld unbürokratische Hilfe anbieten.
NÜRNBERG 6000 Nürnberger holen wöchentlich kostenlos Lebensmittel von der Tafel, um überleben zu können. Und es werden immer mehr! Doch es geht nicht nur ums Essen. Sondern auch um gesundheitliche Belange. Denn: „Armut ist der größte gesundheitliche Risikofaktor“, stellte Fred-Jürgen Beier, Leiter des städtischen Gesundheitsamtes, gestern bei einer Pressekonferenz im Rathaus fest.
Mit einer Spendenaktion will man jetzt Gelder für weitere, unbürokratische Hilfsaktionen sammeln. Ein ungewöhnlicher Schritt. Denn bislang war das soziale Netz des Staates dafür zuständig, doch das wird immer löchriger.
170.000 Nürnberger gelten als arm
Dabei gilt schon ein Drittel der Nürnberger – 170.000 – als arm, weil sie weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens (781 Euro netto) monatlich zur Verfügung haben. Egal, ob chronische Erkrankungen, die Behandlung von TBC oder die Bekämpfung von Läusen – schlecht Gestellte können sich oft weder das Arzneimittel noch die Praxisgebühr oder den Fahrschein zum Arzt leisten.
43 TBC-Fälle gab es 2008 in Nürnberg. „Aber 1500 Menschen aus deren Umfeld mussten wegen der Ansteckungsgefahr überprüft werden“, erklärte Alice Schaffer vom Gesundheitsamt.
Läuse dagegen kann jeder bekommen. Krankenkassen zahlen das Mittel aber nur für Kinder bis zwölf Jahren. Die Behörde will die Präparate kostenlos an Bedürftige abgeben, doch es fehlt bislang an Geld. So kann man nur Mitarbeiterinnen in Schulen schicken, um Kinderköpfe abzusuchen. Denn pro Jahr werden Tausende der rund 50.000 Schüler in Nürnberg befallen.
1100 der 6000 Tafel-„Kunden“ sind unter 18 Jahren
Hier soll die Tafel einspringen. „Wir versorgen die Menschen neben Lebensmitteln auch mit anderen Dingen des täglichen Bedarfs“, gab Albert Ziegler, Vorsitzender der Nürnberger Tafel e.V., bekannt. „Jüngere bekommen auch Verhütungsmittel.“ (1100 der 6000 „Kunden“ sind unter 18 Jahren). „Bundesweit einmalig ist“, so Ziegler, dass Tafel-Kunden in einer bestimmten Apotheke 25 Prozent Nachlass bekommen – bei Vorlage eines Rezepts für Medikamente, die man selbst zahlen muss.
Doch man könnte noch viel mehr machen an Gesundheitsförderungsprojekten. Dafür soll die Tafel eingehende Spendengelder verwalten und Ausgaben mit dem Gesundheitsamt abstimmen. „Wir wollen kein weiteres flächendeckendes Versorgungssystem installieren“, so Beyer, „sondern konkrete Lösungen finden“. cis
Wer spenden will, hier die Adresse: Nürnberger Tafel e.V., Stichwort: Gesundheit, Konto-Nr. 4962510, Sparkasse Nbg. BLZ 76050101.
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