Das geheime Netz der Mafia-Clans in Bayern

Der Freistaat ist mehr als nur ein Rückzugsraum. Er bietet Möglichkeiten, Millionen Euro aus kriminellen Geschäften unauffällig zu waschen.
von  Ralph Hub
Die Ermittlungen der bayerischen Mafia-Jäger sind schwierig. (Symbolbild)
Die Ermittlungen der bayerischen Mafia-Jäger sind schwierig. (Symbolbild) © Bundespolizei

München - Die Mafia verfügt über enorm viel Geld. 'Ndrangheta, Camorra, Cosa Nostra und Sacra Corona Unita machen insgesamt einen geschätzten Jahresumsatz zwischen 120 und 180 Milliarden Euro, wie Francesco Forgione, Ex-Vorsitzender des Mafia-Ausschusses im italienischen Parlament, unlängst berichtete.

Bayern gilt in Sicherheitskreisen inzwischen als "zweite Heimat der Mafia". Alle vier Mafia-Gruppierungen sind in Bayern aktiv, wenngleich sie unterschiedlich stark vertreten sind. Laut dem vom Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) am Montag vorgestellten Lagebericht "agiert die Mehrzahl der OK-Gruppierungen (Organisierte Kriminalität) im Verborgenen und ist stets bestrebt, sich der Überwachung durch die Behörden zu entziehen". Geschätzt leben in Bayern mehr als 130 Mafia-Mitglieder.

Die Verdächtigen leben unauffällig im Freistaat, geben sich den Anschein seriöser Geschäftsleute. Ihr Ziel ist es, das kriminell erworbene Geld in den normalen Wirtschaftskreislauf zu schleusen, es zu waschen und damit in ganz legal verdiente Millionen umzuwandeln.

Drogenhandel bleibt lukrativer Geschäftszweig

Einer der lukrativsten Geschäftszweige der organisierten Schattenwirtschaft ist noch immer der Handel mit Rauschgift, vor allem mit Kokain. Die 'Ndrangheta, die kalabrische Mafia, hat sich darauf spezialisiert. Sie kontrolliert nach Experteneinschätzung im internationalen Markt inzwischen weitgehend das Geschäft und macht damit rund 30 Milliarden Euro jährlich.

In Bayern wurden im Jahr 2020, wie das LKA am Montag mitteilte, 75 Ermittlungsverfahren mit insgesamt 782 Tatverdächtigen aus 51 verschiedenen Staaten verzeichnet. Die Ermittlungen der Mafia-Jäger sind schwierig, die Täter sind global vernetzt, arbeiten konspirativ und verwenden modernste, verschlüsselte Kommunikationstechniken. Entsprechend schwer ist es, der Mafia auf die Spur zu kommen, die Hintermänner zu enttarnen.

Mafia versucht in legaler Wirtschaft Fuß zu fassen

Im Schnitt dauert nach LKA-Angaben ein Ermittlungsverfahren 20 Monate, um die "gewachsenen Strukturen der Tätergruppierungen zu erhellen, Straftaten aufzuklären und die Täter rechtskräftig verurteilen zu können". In 68 der insgesamt 75 Verfahren wurden Finanzermittlungen durchgeführt, wobei Vermögenswerte in Höhe von 12,6 Millionen Euro vorläufig gesichert werden konnten, so die Bilanz der Mafia-Jäger.

Auffallend ist, dass die Mafia zunehmend versucht, in der legalen Wirtschaft Fuß zu fassen. Ein Hinweis: Erstmals wurden 2020 mehr OK-Verfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität geführt als im Drogenbereich. Laut LKA stehen 28 Wirtschaftsverfahren 15 Verfahren im Bereich Drogen gegenüber.

Geldwäsche? Deutschland statt Italien

Betroffen sind davon besonders die Bereiche Baugewerbe, Autohandel, aber auch Hotellerie und Gastronomie wie beispielsweise Pizzerien. In München durchsuchte die Polizei im Dezember 2018 drei Pizzerien, die angeblich unter der Kontrolle der Mafia standen.

Auch mit Immobilien lassen sich angesichts der ständig steigenden Preise am Markt gute Gewinne erzielen. Zumal es in Deutschland noch immer kaum Beschränkungen im Geldverkehr gibt. Immobilien können bar bezahlt werden. Die Rückverfolgung des Geldes ist damit so gut wie unmöglich.

Das Bundeskriminalamt warnte bereits im Sommer 2020 vor zunehmender Kriminalität italienischer Banden in Deutschland. Es gebe Investitionen in großer Höhe. Aufgrund der Gesetzeslage wähle die Mafia bei Geldwäsche lieber Deutschland als Italien.

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