Dackel soll Wald-Kuh bewachen

Diese Kuh ist einfach nicht zu fassen: Kuh Yvonne besuchte ihre Schwester bei Nacht - und entkam wieder. Nun soll ein Dackel sie in Schach halten.
von  Abendzeitung

Mühldorf – Waltrauds Job war klar: Die Schwester der ausgebüxten Kuh Yvonne war als "Lockvogel" engagiert, sie sollte die verwilderte Yvonne auf die Weide zurücktreiben. Dort wollte man die ausgebüxte Kuh dann endlich wieder einfangen. Und siehe da: Blut ist dicker als Wasser! Kuh Yvonne machte sich sogleich auf zu ihrer Schwester Waltraud, die auf der Weide bei Zangberg im Landkreis Mühldorf am Inn wartete.

Damit ist die Strategie der Helfer vom Tiergnadenhof Gut Aiderbichl aufgegangen. Zumindest fast, denn:  Bevor der nächste Tag anbrach, war Yvonne wieder verschwunden.

„Es war sehr neblig und finster. Wir haben da fast keine Chance“, sagte der Salzburger Gutsverwalter von Aiderbichl, Hans Wintersteller, am Freitag. Yvonne sei vorsichtig gewesen und habe das Morgengrauen gemieden. „Die ist blitzgescheit. Sie weiß: Wenn es dunkel ist, schießen wir nicht auf sie.“ Das hatte man zuvor schon einmal versucht. Damals hatte man sie zwar nachts mit einem Betäubungsgewehr getroffen. Aber bis die Spritze wirkte, sei Yvonne schon wieder so weit im Walt verschwunden, dass sie nicht mehr gefunden werden konnte.

Rinder-Finder: Dackel Mirko soll Yvonne aufspüren

Nun soll ein weitere Kandidat aus dem Tierreich helfen: Dackel Mirko hat bereits eine Karriere als Spürhund hinter sich. Wie Wintersteller berichtete, hat Mirko schon ausbebüxte Rinder wiedergefunden. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie es ablaufen könnte: Mirko bellt, die Kuh läuft aus dem Unterholz und kann betäubt werden. Oder: Mirko umkreist die  verwilderte Kuh und hält sie in Schach, bis die Helfer kommen.

Und was machen Yvonnes Schwester Waltraud und das Kälbchen Waldi, das Gut Aiderbichl einem Tierhändler abgekauft und so vor der Schlachtbank gerettet hat? Die beiden sollen die nächsten Tage in einem Gehege in der Nähe des Waldes bleiben. In diesem Wald hat Yvonne seit dem 24. Mai ihr Lager. Und sie scheint es so schnell auch nicht aufgeben zu wollen.

"Silage schmeckt ihr - wie uns Schokolade"

Doch die Tierretter geben nicht so schnell auf. Sie versuchen außerdem, Yvonne mit einem Leckerbissen in die Falle locken: In einer Futterstelle soll Silage ausgelegt werden. „Das mag sie sehr gern“, sagt Wintersteller. „Das riecht sie meilenweit und schmeckt ihr fantastisch – wie uns Schokolade.“

Wenn das alles nicht klappt, soll ein 100-köpfiges Suchteam als Paten und Aiderbichl-Mitarbeitern den Wald durchkämmen, bis Yvonne gefunden ist. Als „Kuh, die ein Reh sein will“ wurde sie vor Wochen bekannt. Denn sie verhält sich genau wie das scheue Wild: Sie lebt im Wald, versteckt sich dort und kommt zwischendurch zum Grasen raus, vor allem nachts.

Bevor sie zur "Wald-Kuh" wurde hatte Yvonne ein schweres Leben: Aufgezogen als Milchkuh in Österreich war sie später an einen Bauern im Landkreis Aschau am Inn verkauft worden. Dort sollte sie gemästet und anschließend geschlachtet werden. Doch Yvonne floh in den Wald und rettete damit ihr Leben. Kein Wunder, dass sie dort so schnell nicht mehr weg will.

Yvonne ist ein Sicherheitsrisiko

Zunächst hatte auch niemand ein Problem mit der verwilderten Kuh. Erich Kozel, der Fachbereichsleiter öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landratsamts Mühldorf am Inn, sagte, die Grundstücksbesitzer – darunter der Revierpächter und ein Bauer, dessen Weide Yvonne leerfutterte – seien „sehr tolerant“ gewesen.

Doch dann rannte Yvonne ausgerechnet vor ein Polizeiauto - und wurde so zum Sicherheitsrisiko. Kozel erließ eine Anordnung zum Abschuss. Zwei Experten des Landratsamtes sind nun mit Gewehren unterwegs. Sie wollen verhindern, dass Yvonne nochmal vor ein Auto spaziert und so möglicherweise einen Unfall verursacht.  Denn so ein Zusammenstoß könnte verheerend sein. „Ein Reh hat 30 oder 40 Kilo, die Huh hat 700 Kilogramm“, erläutert Kozel. „Diese Gefahr sehen wir - deshalb können wir nicht zuschauen, bis sie auf die Straße läuft.“

 

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