Coronavirus-Aufklärung für Italien-Reisende aus Bayern
München (dpa/lby) - Um eine Ausbreitung des Coronavirus von Italien nach Bayern möglichst gering zu halten, will die Staatsregierung vor allem Reisende so gut wie möglich aufklären. Es sei ganz wichtig, "dass wir diejenigen, die betroffen sein könnten, erreichen", sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nach einem Treffen unter anderem mit dem Verkehrs- und Innenministerium am Dienstag. Wer grippeähnliche Symptome und beispielsweise Atemnot habe, solle zunächst seinen Hausarzt anrufen und abklären, ob es sich um eine Infektion mit der neuartigen Lungenkrankheit handeln könne, riet sie.
Derweil grassiert das Virus Sars-CoV-2 in Italien weiter. Doch auch im österreichischen Tirol sind inzwischen zwei Menschen infiziert. Weil es in Bayern aber seit Tagen keinen neuen Fall gab, sei das Ansteckungsrisiko hier minimal, sagte der Präsident des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf.
Huml kündigte an, etwa in Zügen vermehrt zu informieren. Doch auch per Flugzeug, Bus oder mit dem Auto kämen Reisende zurück, die die Faschingsferien derzeit in Italien verbringen. Das Infomaterial, das bisher stark auf China - als Ursprungsland der Epidemie - ausgelegt sei, solle aktualisiert werden, sagte sie. So habe das Robert Koch-Institut zum Beispiel neue Risikogebiete in Italien benannt.
Über weitergehende Maßnahmen sagte Huml: "An dem Punkt sind wir im Moment noch nicht." Denkbar sei aber, im Zweifelsfall etwa einzelne Schulen oder Kindergärten zu schließen - wie es jetzt schon bei der Grippe gemacht wird. Um große Menschenansammlungen zu vermeiden, müssten unter Umständen auch Festveranstaltungen abgesagt werden.
Mit Blick auf ähnliche Maßnahmen in Italien sagte Huml der Deutschen Presse-Agentur: "Bevor über die Abriegelung einer Stadt entschieden wird, sollte zunächst auf andere Lösungsmöglichkeiten gesetzt werden." Der Schutz der Bevölkerung habe oberste Priorität. Wichtig sei, für den Einzelfall zu entscheiden und mit Augenmaß vorzugehen.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, forderte mehr Informationen über Gefahren, Gegenmaßnahmen und Verhaltensweisen bezüglich des Virus. "Der Ausbruch des Virus in Italien schafft eine neue Situation und hat auch für Bayern Auswirkungen." Ihr FDP-Kollege Dominik Spitzer warnte vor unnötiger Panik in der Bevölkerung wegen Spekulationen über die Abschattung ganzer Ortschaften. Wichtig sei zu kommunizieren, wie man sich im Falle des Verdachts auf eine Infektion zu verhalten hat. "Hier herrscht nämlich viel gefährliches Halbwissen bei den Betroffenen."
Italien ist aktuell mit Abstand das Land mit den meisten erfassten Fällen in Europa. In der besonders schwer betroffenen Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollieren Sicherheitskräfte, wer rein und raus darf. Trotzdem stieg die Zahl der Infektionsnachweise aufeinige Hundert. Mehrere Infizierte starben - alle hatten den Angaben nach Vorerkrankungen.
LGL-Präsident Zapf sagte, jeder müsse eigenverantwortlich überlegen, ob er nach Italien reist. Es gelte: "Auf der einen Seite sorgfältig sein, auf der anderen Seite aber nicht panisch reagieren." Die Menschen sollten sich sorgsam verhalten und Hygieneregeln einhalten.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar H. Wieler, sagte im "heute-journal" des ZDF, viele Ärzte und Menschen hierzulande seien aufmerksam und würden sich wohl rechtzeitig auf das neuartige Virus testen lassen. Sobald ein Fall entdeckt werde, würden unter anderem Kontaktpersonen gesucht, erläuterte der RKI-Chef. "Das können die deutschen Behörden, das haben sie in Bayern sehr gut gezeigt."
Im Freistaat gab es 14 der 16 bisher in der Bundesrepublik positiv getesteten Covid-19-Patienten. Alle standen im Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto aus Gauting-Stockdorf. Dort war im Januar eine Kollegin aus China zu Besuch, die das Virus in sich trug. Der Ausbruch habe eingedämmt werden können, so Wieler. Huml sagte, der vorletzte der 14 Betroffenen sollte noch am Dienstag die Klinik verlassen.
Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg, sagte der Zeitung "Der Neue Tag" (Dienstag) unterdessen über die Ansteckungsgefahr mit Sars-CoV-2: "Im Skiurlaub auf der Piste an der frischen Luft ist sicher kein Infektionsrisiko vorhanden. Volle Orte für den Après-Ski würde ich meiden." Auch das Risiko, einen Menschen zu treffen, der aus einem Risikogebiet kommt, sei sehr gering.
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