Club muss für Zündler büßen – und alle Fans leiden darunter

DFB-Sportgericht nach dem Feuer-Inferno von Bochum knallhart: Keine Stehplatz-Karten für zwei Auswärtsspiele, 40.000 Euro fürs Fanprojekt
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Die Feuer-Randale von Bochum: Die Bengalo-Chaoten kommen dem Club – und auch seinen reisefreudigen Fans – jetzt teuer zu stehen.
Wolfgang Zink Die Feuer-Randale von Bochum: Die Bengalo-Chaoten kommen dem Club – und auch seinen reisefreudigen Fans – jetzt teuer zu stehen.

DFB-Sportgericht nach dem Feuer-Inferno von Bochum knallhart: Keine Stehplatz-Karten für zwei Auswärtsspiele, 40.000 Euro fürs Fanprojekt

NÜRNBERG/FRANKFURT Um kurz vor halb vier, nach dreieinhalbstündiger Verhandlung, verkündete Richter Hans E. Lorenz gestern sein Urteil in der Frankfurter DFB-Zentrale. Für das von Mitgliedern der Ultras Nürnberg entfachte Flammen-Inferno beim Auswärtsspiel in Bochum am 27. Februar muss der Club 40000 Euro Strafe zahlen. Zusätzlich dürfen für die beiden letzten Auswärtsspiele der Saison in Freiburg (17. April) und beim Hamburger SV (1. Mai) keine Stehplatztickets an alle FCN-Anhänger verkauft werden. Lorenz: „Der Sanktionswert liegt bei etwa 100.000 Euro.“

Bader: "Wir haben das drastische Urteil akzeptiert"

Diese Summe „werden wir mit jedem Cent an die Täter durchreichen“, hatte Manager Martin Bader bereits gestern in der AZ erklärt. „Wir haben berechtigte Hoffnungen, dass sie durch die Staatsanwaltschaften in Bochum und Nürnberg ermittelt werden. Danach werden wir, wie schon Schalke 04 oder Hansa Rostock, auf Schadensersatz klagen.“ Und, fährt Bader fort: „Wir haben das drastische Urteil akzeptiert, verzichten auf eine Berufung. Der wirtschaftliche Schaden sowie die fehlende Unterstützung schmerzen uns sehr, allerdings war es für uns wichtig, zumindest einem Teil unserer Fans die Möglichkeit zu geben, unsere Mannschaft im Abstiegskampf auch auswärts zu unterstützen.“

Der DFB beschreitet mit seinem Urteil neue Wege. Nicht er kassiert die Geldstrafe, sondern der Club zahlt in diesem und im nächsten Jahr jeweils 20.000 Euro an das städtische Jugendamt. Das wiederum leitet den Betrag an das 1989 gegründete örtliche Fanprojekt X.I.T. weiter. „Wir wollen“, erklärt Lorenz zum von FCN-Anwalt Christoph Schickhardt vorgetragenen Vorschlag einer zielgerichteten Verwendung der Geldstrafe, „mit der neuen Form der Sanktion das Übel an der Wurzel packen und gezielt den Auswärtsfan treffen. Der 1. FC Nürnberg hat sich sehr offensiv mit dem Problem auseinandergesetzt.“

"Die Zündler von Bochum sind schon kuriert"

Heino Hassler, Leiter des Fanprojekts, kann trotz der „Club-Spende“ noch lange nicht aus dem Vollen schöpfen. Zusammen mit einer Mitarbeiterin stehen der X.I.T. gerade einmal 0,9 Stellen zur Verfügung. Eigentlich ein Witz. Denn im 1990 vom Bundesinnenministerium ausgearbeiteten Konzept „Sport und Sicherheit“ ist von wenigstens drei Mitarbeitern in Vollzeit die Rede.

„Damals“, sagt Hassler kopfschüttelnd, „ging es darum, 80 Hooligans zu betreuen. Wenn ich heute in der Nordkurve nachfragen würde, wie viele sich zu den Ultras zählen, würden sich wohl 4000 Leute melden.“ Den „harten Kern“ schätzt der 54-Jährige „auf 2500 Personen. Ich denke, wir können mit dem Geld eine weitere Halbtagskraft einstellen.“ Hassler ist überzeugt, „dass die Zündler von Bochum schon kuriert sind. Sie müssen sich ja nur die Verletzungen ihrer Kumpels anschauen.“ Drei von neun teils schwer Verletzten mussten in Spezialkliniken behandelt werden.

Club muss den "Verdienstausfall" bei den Auswärtsfahrten ersetzen

Das Problem von Aktionen wie in Bochum ist mit dem Urteil nicht gelöst. „Ich glaube, man ist dennoch machtlos, wenn Straftäter strafrechtliche Dinge in Stadien begehen wollen“, unkt Bader. Der DFB hat dennoch unterstrichen, dass er nach den bundesweiten Ausschreitungen in den letzten Monaten nicht zur Tagesordnung übergehen wird. Schlimmstenfalls drohen italienische und britische Verhältnisse auch in deutschen Stadien. Von einer gewachsenen, farbenfrohen Fankultur würde angesichts von sektschlürfenden VIPs und besserverdienenden Anhängern, exorbitant gestiegener Eintrittspreise und dem Verbot von Fanutensilien kaum etwas übrig bleiben.

Übrigens: Den „Verdienstausfall“ für den vom DFB untersagten Verkauf von Stehplatzkarten an FCN-Fans muss der Club den Gastgebern voll ersetzen. In Freiburg sind dies bei 700 Tickets knapp 8000 Euro, in Hamburg 22.800 Euro für 1200 Plätze.Markus Löser

Mehr über den Club und wie der Verkauf der Tickets für das Spiel in Bremen abläuft, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer Abendzeitung am Dienstag, 23. März.

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