Breitwand-Sex im Hotel

Etwas Sonne und eine Vorabend-Soap für die Ohren: Die Berliner Band Rosenstolz flutete die voll besetzte Nürnberger Arena mit Pop-Melodramatik
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Peter Plate und Anna Rosenbaum im Schlampenfieber während ihres Konzertes in der Nürnberger Arena vor 9000 verzückten Fans im kollektiven „Ich“-Gefühl.
Klaus Schillinger Peter Plate und Anna Rosenbaum im Schlampenfieber während ihres Konzertes in der Nürnberger Arena vor 9000 verzückten Fans im kollektiven „Ich“-Gefühl.

NÜRNBERG - Etwas Sonne und eine Vorabend-Soap für die Ohren: Die Berliner Band Rosenstolz flutete die voll besetzte Nürnberger Arena mit Pop-Melodramatik

Gib mir Sonne, und die Telenovela „Anna und die Liebe“ gleich hinterher. Und genau so, wie eine Soap die Hausfrauen und Vorabendgucker vor dem Fernseher vereint, so schunkelt Rosenstolz bundesdeutsch musikalisch zusammen, was privat „so alles“ hört – in der fast ausverkauften Nürnberger Eis-Arena. Anna Rosenbaum und Peter Plate haben während der über zweistündigen Show auf weißer Größenwahn-Bühne ihr Publikum vom ersten Takt an unter Kontrolle.

Von randständigen Anfangstagen hin zur umjubelten Platin-Band

Das Duo mit siebenköpfiger Begleitband, hochgerüstet mit dem Schmachtfetzer-Arsenal des Pop – von der Bratsche über die Trompete bis hin zu Akkordeon und Saxophon – ist längst ein Millionenseller. Rosenstolz hat sich aus den randständigen Anfangstagen gemausert, hin zur umjubelten Platin-Band. Weg von den reinen Homosexuellen–Ikonen und trotz der Ohrwürmer „Schlampenfieber“ und „Sex im Hotel“ (wann hört man 9000 Nürnberger so was schon mal lauthals-glücklich singen, so, als ob der Ballermann nicht weit wäre) hinein in den Mainstream. Und auch musikalisch hat sich einiges getan: Weg vom Singer/Songwriter-Chanson hin zum erschlagenden Breitwand-Pop.

Die Fanmasse schreit ganz individuell gleichzeitig „Ich bin Ich“.

Von dem bewegt sich Rosenstolz auch nicht weg, alte Songs gehen im dröhnenden Dauer-Stampf-Bass unter. Die Fanmasse schreit dazu ganz individuell gleichzeitig „Ich bin Ich“. Dann wird pärchenweise zu Liebeskummer-Balladen geschunkelt und gekuschelt. Logik gehört nicht zum Rosenstolz-Kosmos, Melodramatisches dahinmäandern in der banalen Gefühligkeit schon. Unter einem Frühling, in dem es doch „eigentlich schneien“ müsste, geht hier nichts.

Eine kleine akustische Sternstunde

Zu einer kleinen Sternstunde wird der Abend, als die Band auf akustische Instrumente umsattelt und die glattgebügelte Pop-Oberfläche Tiefe und Konturen gewinnt. Und zart arrangierte Lieder wie „An einem Morgen im April“ wirken, Anna Rs. rauchig-verruchte Chanson-Stimme bewegt. Die Arena ist plötzlich hingebungsvolles Schweigen. Dann: Zugabe, Schlussakkord und Begeisterungssturm.Martin Mai

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