Braut weinte die ganze Zeit: Hochzeit im Schloss Amerang fällt ins Wasser

Nach einem Unwetter in Amerang hält ein Dach im Innenhof den Wassermassen nicht Stand. Eine Hochzeit versinkt im Chaos. Nun folgt eine Klage gegen den Eigentümer.
von  Monika Kretzmer-Diepold
Schloss Amerang von außen. Dort will ein Paar den schönsten Tag des Lebens feiern. Doch das Wetter hat ihnen ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Schloss Amerang von außen. Dort will ein Paar den schönsten Tag des Lebens feiern. Doch das Wetter hat ihnen ein Strich durch die Rechnung gemacht. © imago

Amerang - Auf der Internetseite war der überdachte Innenhof von Schloss Amerang als Eventlocation mit "absoluter Regensicherheit" angepriesen. Ein Paar aus dem Landkreis Traunstein mietete das idyllische Plätzchen in der denkmalgeschützten Anlage – und erlebte ein Fiasko. Denn am Abend des 7. August 2021 zog ein extremes Unwetter auf. Die Überdachung hielt den Regenfluten nicht stand. Die Hochzeitsgesellschaft musste samt Musikkapelle in eine Remise flüchten. Der Fall landete nun vor der Zivilkammer am Landgericht Traunstein.

Die damalige Braut hat den total verpatzten "schönsten Tag im Leben" bis heute sichtlich nicht verwunden: Die Hochzeitsdekoration wurde zerstört. In der Remise gab es nur eine lange Tafel mit Klappstühlen. Das Essen wurde zwar nachgetragen, war aber kalt. Die Klägerin weinte damals die ganze Zeit und war nicht ansprechbar, wie der beklagte Schlossherr vor Gericht schildert.

Unwetter über Schloss Amerang: Hochzeitspaar fordert Schadensersatz im vierstelligen Bereich

Die Kläger - mit Anwalt Nils Dreier aus München zur Seite - fordern in dem Zivilverfahren Kostenminderungen sowie Schadensersatz in Höhe eines ursprünglich fünfstelligen, aber bereits reduzierten noch vierstelligen Betrags. Bislang liegt noch kein Angebot des Schlosseigentümers vor.

Grundsätzlich zeigt sich dessen Anwalt, Raphael Stanke aus Bruckmühl, namens seines Mandanten am Montag zur Zahlung eines noch nicht bezifferten Betrags bereit. Die Krux: Einen Teil müsste der Beklagte aus eigener Tasche bezahlen, einen anderen Teil dessen Haftpflichtversicherung. Diese beruft sich bis jetzt allerdings auf "höhere Gewalt" und lehnt jede Erstattung ab.

Streit um Einstufung: War es ein "normales" oder ein "extremes" Unwetter?

Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage, ob der Sturm ein "normales" oder ein "extremes" Unwetter war, also ob man damit rechnen musste oder ob es völlig unvorhersehbar war. Dazu hört die Richterin Melanie Bartschat im Prozess einen Feuerwehrmann an. Er berichtet aus Daten eines privaten Wetterdienstes von Unwettern am 26. und am 28. Juli 2021 mit Stärke 10. Den Sturm am 7. August 2021 stufte er als Stärke 8 bis 9 ein.

Der letztere sei "ungewöhnlich" verlaufen – mit starkem Niederschlag, heftigem Sturm und häufigen Blitzeinschlägen im Bereich Halfing/Amerang. 17 Liter Regen auf den Quadratmeter seien gefallen, Windgeschwindigkeiten bis zu 72 Kilometer pro Stunde gemessen, sogar ein Kirchturm beeinträchtigt worden.

Kreisbrandrat: "In fünf bis zehn Minuten herrscht Weltuntergang"

Ob das Unwetter "überraschend" gekommen sei, will Bartschat wissen. Dazu der Zeuge: "Ja. Aber so etwas passiert immer wieder." Untertags sei eine solche Entwicklung nicht abzusehen gewesen. Deshalb sei er nach einer Feuerwehrübung auch nach Hause gefahren, so der Feuerwehrmann.

Rosenheims Kreisbrandrat Richard Schrank erinnert sich, spätnachmittags und abends sei eine Sturmfront über den Landkreis mit Schwerpunkt Halfing/Amerang, aber auch im Bereich des Chiemsees gezogen. Die Zahl extremer Wetterlagen nehme seit Jahren zu: "Seit 2020 jedoch müssen wir lernen, dass wir uns darauf einstellen müssen. Das Wetter wird immer unkalkulierbarer. Man sieht Wolken. Fünf bis zehn Minuten später herrscht Weltuntergang."

Richterin: Beklagtenseite muss Wiedergutmachung leisten

Die Vorsitzende Richterin sagt im Verfahren, die vertraglich vereinbarte "absolute Regensicherheit" während der Hochzeitsfeier sei den Klägern wichtig gewesen. "Das Paar will heiraten, den schönsten Tag des Lebens feiern in einem Innenhof, der trocken bleibt. Dann zieht das Unwetter auf. Die Hochzeit fällt buchstäblich ins Wasser. Zwar wird weiter gefeiert – aber nicht sehr romantisch auf Klappstühlen. Das war nicht das, was das Paar haben wollte."

Und: "Ich finde, die Beklagtenseite müsste die Frustration der Kläger verstehen und einen gewissen Ausgleich und Wiedergutmachung leisten", so die Richterin. Der Beklagte erwidert, seit 1966 würden in Schloss Amerang Hochzeiten veranstaltet. "Das Dach hat immer gehalten, auch bei dem Sturm Wiebke im Jahr 1990."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.