Bluttat um Familienehre: Ali (18) wollte seine Schwestern erstechen
NÜRNBERG/ASCHAFFENBURG - Ferdane Ö. (22) wurde lebensgefährlich verletzt – doch der Täter schweigt zu seinem Motiv. Gestern erließ der Richter Haftbefehl gegen den 18-jährigen Türken wegen versuchten Mordes
Bevor er abgeführt wurde, umarmte Ali Ö. seinen Vater nochmal. „Das war ein großer Fehler“, sagte der 18-Jährige. Er wird schwer daran zu tragen haben. Der junge Mann hatte kurz zuvor in der elterlichen Wohnung in Aschaffenburg mit einem Küchenmesser zwei seiner drei Schwestern niedergestochen. Eine davon hätte die Attacke beinahe mit dem Leben bezahlt. Gestern erließ der Ermittlungsrichter Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Ferdane Ö. wurde durch das zehn Zentimeter lange Messer lebensgefährlich verletzt. Die Ärzte versetzten die 22-Jährige in ein künstliches Koma. Inzwischen ist ihr Zustand aber stabil. Ihre kleine Schwester Duygu wurde durch die Attacke ebenfalls verletzt, sie ist bereits auf dem Weg der Besserung.
Warum drehte Ali Ö. durch? Der 18-Jährige hatte seine Schwestern nach Polizeiangabben möglicherwiese deshalb niedergestochen, weil er die Famillienehre in Gefahr sah. „Die Schwestern wollten ausgehen“, erzählt ein Bekannter. Doch das genaue Motiv ist unklar. Der Täter schwieg bei der Vernehmung. „Fest steht, dass es in der Familie zu einer Auseinadersetzung zwischen der Mutter, den beiden Töchtern sowie dem 18-Jährigen gekommen war“, schildert Polizeisprecher Heiko Sauer, „im Verlauf dieser Auseinandersetzung nahm der junge Mann das Messer und stach auf die zwei jungen Frauen ein.“
Gewalt in muslimischen Familien wird nach Ansicht des Religionswissenschaftlers Hans-Georg Ziebertz von der Universität Würzburg schon länger nicht mehr toleriert. „Das sind archaische Strukturen, die auch innerhalb des Islam kritisiert werden." Leider hätten muslimische Mädchen und Frauen aber oftmals noch nicht dieselben Rechte wie Männer. „Die Geschlechter sind nicht gleich.“ Daher sei es nicht unüblich, dass Frauen bei Verstößen gegen Familienregeln auch bestraft würden. Diese aber zu attackieren oder gar zu töten, sei eine extreme Reaktion auf ein Fehlverhalten, sagte Ziebertz. Andrea Uhrig
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