Blau am Steuer: Autofahrer erhängt sich in Polizeizelle

Mit seinem T-Shirt knüpfte er sich am Gitter auf, obwohl die Beamten den 62-Jährigen alle 15 Minuten kontrollierten.
NÜRNBERG War es Scham? Die pure Panik? Angst vor dem Gesichtsverlust, in einer Ausnüchterungszelle gelandet zu sein? Die Furcht, den Job zu verlieren, wo der Führerschein doch weg war? Angst vor der Familie, vor Reaktionen im Bekanntenkreis? Andreas Z. (62, Name geändert) kann diese Fragen nicht mehr beantworten. Er beendete sein Leben in einer Ausnüchterungszelle der Schwabacher Polizeiinspektion. Er erhängte sich mit seinem T-Shirt.
Er verweigerte die Blutentnahme
Der tragische Fall wirft weitere Fragen auf: Wie sicher müssen Ausnüchterungszellen gemacht werden? Kann die Polizei solche Tragödien verhindern? Andreas Z. geriet in der Nacht zum Mittwoch in Schwabach in eine Routinekontrolle. Erst als der 62-Jährige sich mit den Beamten unterhielt, bemerkten die seine Fahne. Er musste blasen – und hatte ein bisschen mehr als 1,1 Promille.
Das ist aber die Grenze, an der der Führerschein definitiv weg ist. Und das heißt auch: Eine Blutentnahme ist notwendig. Doch das wollte Z. partout nicht. Er weigerte sich, wollte nicht in den Streifenwagen – die Beamten beendeten das Hin und Her, indem sie ihm Fesseln anlegten.
Auf der Dienststelle die Formalitäten: Ein Notarzt nahm ihm Blut ab, der Führerschein wurde einkassiert.
„Die Kollegen konnten den Mann nicht einfach gehen lassen"
Jetzt hätte Z. die Möglichkeit gehabt, Angehörige oder seine Ehefrau anzurufen, um sich holen zu lassen oder ein Taxi zu ordern. Beides lehnte er ab. Polizeisprecher Peter Grösch: „Die Kollegen konnten den Mann nicht einfach gehen lassen. Bei dem Promille-Wert hätte er vor ein Auto laufen können, wir wären dafür verantwortlich gewesen. Zu seinem Schutz kam er in die Ausnüchterungszelle.“ Obligatorische Prozedur: Er musste Gürtel und Schnürsenkel abgeben, eben um zu verhindern, dass er sich mit diesen naheliegenden Werkzeugen erhängt.
Ab 2.15 Uhr saß Andreas Z. in der Zelle. „Jede Viertelstunde wurde kontrolliert“, so Grösch, was „sehr engmaschig“ sei. Um 3.15 Uhr verhielt sich Z. unverdächtig. Als um 3.30 Uhr ein Beamter nachsah, hing Z. am Zellengitter, um den Hals hatte er sein T-Shirt geschlungen. Wiederbelebungsversuche waren zwecklos, der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.
Auch bei der Polizei wird diskutiert, wie man solche Tragödien verhindern könnte. Grösch hält von Video-überwachten Zellen wenig. „Was ist mit der Intimsphäre? Der Nachtruhe? Mit Frauen? Das ist sehr problematisch. Es ist tragisch, dass es so zum Tod eines Menschen kommt. Trotz der Kontrollen wird man solche Fälle aber leider nie ganz ausschließen können.“ sw