Bis sich der Balkan biegt

Beim Bayern-Finale von „Creole“ in der Nürnberger Tafelhalle siegten Linss und JuNo.
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Spalier einer Landshuter Blechkapelle: „Kein Vorspiel“ nennt sich die Brass-Formation, die in der Tafelhalle beim zweitägigen „Creole“-Weltmusikpreis antrat.
Berny Meyer Spalier einer Landshuter Blechkapelle: „Kein Vorspiel“ nennt sich die Brass-Formation, die in der Tafelhalle beim zweitägigen „Creole“-Weltmusikpreis antrat.

NÜRNBERG - Beim Bayern-Finale von „Creole“ in der Nürnberger Tafelhalle siegten Linss und JuNo.

In 20 Minuten kommt man nicht einmal in München vom Hauptbahnhof zum Flughafen, aber in Nürnberg mühelos von der walzernden „Emma" aus Finnland zu den brasilianischen Rosen des Antonio Carlos Jobim. Bossa-Botschafterin Yara Linss, eine von zehn Finalisten beim bayerischen „Creole"-Weltmusikpreis, hatte sich bei ihrer 20minütigen Talentprobe in der Tafelhalle auch vor ihrem Landsmann verbeugt. Die Jury dieses Festivals der kurzen Hörwege und weiten Konzepte fand den wenig geschlossenen Kurzauftritt der Nürnberger Jazz-Sängerin preiswürdig. Als zweite Gruppe zum bundesweiten Finale in Berlin darf JuNo fahren. Das Ensemble hatte mit dem arg strapazierten Begriff Weltmusik auch nur bedingt zu tun, klang aber weltmeisterlich.

Norbert Nagels Klarinetten-Kunst der stufenlosen Dynamik ist auch in dem Virtuosen-Vierer JuNo mit Akkordeonist Juri Kravets, dem Ukrainer aus Rückersdorf, zum Staunen. Aber spätestens, wenn Bach und Piazzolla zu Weltmusikanten ernannt werden, wird aus dem „Creole"-Signal ein fragwürdiges Zeichen. Auch weil, anders als beim Stapellauf vor zwei Jahren, auf globalen Klanghandelsstraßen mehr Mitreisende als Mitreißende unterwegs waren.

Yohto aus Nürnberg füllte zwar das schwarze Tanz-Loch vor der Bühne, ihr Reggae-Ansatz bleibt aber verwechselbar (da hatte das Zellteilungsprojekt Colaco, Yapi and Frey am nächsten Abend mehr Eigenfarbe). Nächama 2 verlegte Klezmer ins Kreuzfahrtschiff und die zehnköpfige Landshuter Blechkapelle „Kein Vorspiel", die sich hemmungslos bei der Brass-Vorlage rumänischer Wahnsinns-Originale bedient, machten wie die Zweitverwerter Bazár Dilo aus München klar: Wir machen uns Weltmusik selber, bis sich der Balkan biegt.

Da sind die Fürther Kapelle Rohrfrei, die Volksmusik als fränkischen Promenadenmischling wedeln lassen, und Gitarrist Frank Wuppinger viel weiter. Wuppingers L'Orchestre Europa legte den bezwingendsten, schwingendsten Auftritt im Sortiment hin. Ein herrlich lässiges Eurovisionsmodell zwischen Musette und Moldawien. Das leer ausging. Bei der nächsten Creole 2011 kann's wieder ganz anders aussehen.

Andreas Radlmaier

Preisträger-Konzert am 16. Mai in der Villa Leon. Mitschnitt des Wettbewerbs am 17. Februar, 23.05 Uhr, auf Bayern 2

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