Bier-Tradition seit 1119: "Heißt nicht, dass wir noch wie im 12. Jahrhundert brauen"

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Pater Lukas Wirth vom Kloster Scheyern ist gar nicht so leicht zu erreichen, der Cellerar ist viel beschäftigt. Aber dann ruft er doch zurück. Er ist auch schon darüber informiert, was die AZ von ihm möchte. Es gehe ums Alter, also der Brauerei, nicht um seins, witzelt er gleich zu Beginn. Genau!
Die Klosterbrauerei Scheyern gehört zu den ältesten Brauereien im Freistaat. Es gibt sie seit 1119. Und das durchgängig, wie er hervorhebt.
Das Kloster sei am Fuß des Wendelsteins gegründet worden, 1076. Im Jahr 1119 zog es nach Scheyern im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm um. Das klösterliche Brauen sei "nachweisbar, schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts". Durch den Anbau und die Anlieferung von Hopfen. Noch vor dem Reinheitsgebot 1516 habe es Anweisungen von "einem meiner Vorgänger" gegeben, dass das Bier ordentlich gebraut werden sollte.
Vom Weinland zum Bierland Bayern
Der Pater erzählt, dass Bayern ungefähr im 14. Jahrhundert vom Wein- zum Bierland geworden sei. Auch weil der Weinanbau durch klimatische Veränderungen schwieriger wurde. "Bier war das ideale Getränk, weil es vom Alkoholgehalt relativ zahm ist und die Leute davon nicht krank wurden." Anders als etwa bei unbehandeltem Wasser im Mittelalter.
Umgebaut und umgezogen
Die Klosterbrauerei ist über die vielen Jahrhunderte umgebaut worden und auch innerhalb des Geländes umgezogen. Noch heute sei etwa ein uralter, unterirdischer Lagerkeller aus den Anfängen erhalten. Auf der Homepage heißt es zudem: "Der älteste Standort der Klosterbrauerei dürfte in den Räumlichkeiten des heutigen Pfarramtes unter dem Prälatensaal liegen." Kurz nach 1500 zog die Brauerei an jenen Standort, an dem sie bis 1928/29 betrieben wurde.
Danach sei man wieder in eine neue Braustätte gewechselt, 200 Meter Luftlinie entfernt, so der Cellerar.

Neustart unter Klosterhand
Zwischenzeitlich hatten die Mönche einen Pächter aus Augsburg, jahrzehntelang sogar. Auf der Homepage heißt es: "1991 wurde die Bierherstellung letztendlich auch offiziell ganz nach Augsburg verlagert. Der Pachtvertrag ermöglichte, dass vor Ort gerade einmal ein Getränkedepot übrig blieb." Die Marke "Scheyern" überdauerte.
Anfang der 2000er übernahm das Kloster wieder selbst. Seither ist Tobias Huber der Braumeister. Pater Lukas sagt: "Seit 20 Jahren wird nach der Sanierung des Brauhauses Scheyern wieder vor Ort gebraut." Feiert das Kloster diesen Meilenstein? Der Cellerar winkt ab. "Wir warten schon auf 25 Jahre."
Man habe schließlich erst 2019 gefeiert: 900 Jahre in Scheyern. Im nächsten Jahr stehen 950 Jahre des Klosters mit dem Gründungsdatum 1076 an - "und wir können ja nicht nur feiern". Er lacht.
Säkularisation - in Scheyern "ganz ungewöhnlich"
Noch eine Besonderheit der Klosterbrauerei Scheyern sei erwähnt - Stichwort Säkularisation: "Selbst 1803 stand die Brauerei nicht still, einer meiner Vorgänger wurde beauftragt, den Betrieb weiterzuführen." Dies war "ganz ungewöhnlich", sagt Pater Lukas.

Angesichts der langen, durchgehenden Tradition: Verspürt der Pater ein bisserl Stolz? "Stolz ist man als Mönch natürlich nicht, eher dankbar." Die meisten Klöster hätten Brauereien gehabt, "im Grunde genommen sind wir jetzt ziemlich alleine auf weiter Flur". Als Erfolgsrezept nennt er kurz und knapp: "Qualität". Und dass sie hinter ihrem Produkt stehen.
"Kein Grund, sich auszuruhen"
Die Zukunftssorge, dass immer weniger Menschen Bier trinken, geht auch an Scheyern nicht vorbei. "Das macht mir schon Sorgen." Sie hätten ihren Absatz relativ gehalten, sagt er. "Aber das ist kein Grund, um sich auszuruhen. Wir sind gerade dran, ein alkoholfreies Helles zu konzipieren." Wohl nächstes Jahr könnte es schon auf den Markt kommen.

Die Nachfrage und der Wunsch bei den Kunden sei vorhanden. "Ich halte es nicht nur für einen Trend, sondern für eine sinnvolle Ergänzung." Sie wollen mit der Zeit gehen: "Klosterbrauerei oder alter Betrieb heißt nicht, dass man nicht an Innovationen teilhat." So seien sie etwa einer der ersten Betriebe gewesen, die CO2-neutral Bier gebraut hätten. Vor 20 Jahren schon.
"Alter heißt nicht, dass wir noch wie im 12. Jahrhundert brauen"
"Wir gehen mit der Zeit. Alter heißt nicht, dass wir immer noch brauen wie im 12. Jahrhundert." Im Kloster Scheyern schaut man also nach vorn. "Ich glaube, das macht die alten Betriebe so wertvoll: Sie können aus dem riesigen Schatz der Tradition schöpfen, aber sind auch immer wieder bereit, Neues zu entwickeln."

Welches Bier trinkt er selbst am liebsten? Der Cellerar muss lachen. Weil ihm diese Frage häufig gestellt wird. Erst kündigt er an, sie nicht zu beantworten. Dann doch ein bisserl: "Ich wechsle." Im Winter zum Beispiel ein dunkler Doppelbock, im Sommer ein spritziges Weißbier. Auch hier geht er mit der (Jahres-)Zeit.
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