Bestatter-Mord: Nun steht die Frau des Killers vor Gericht
Prozess in Nürnberg: Die 62-Jährige soll Senioren und Angehörige um rund 65.000 Euro betrogen haben.
NÜRNBERG Die Geschäftspraktiken des Bestatter-Ehepaares Gertraud und Michael S. waren kriminell! Der Ehemann sitzt bereits wegen Mordes im Knast. Jetzt steht auch noch seine Gattin vor Gericht: Die 62-Jährige soll zahlreiche Kunden um Zehntausende von Euro betrogen haben...
Die arglosen Anleger gaben ihr Geld vertrauensvoll in die Hände der Bestatterin. Gertraud S. sollte das Geld in Versicherungen einzahlen – als Vorsorge für den Todesfall. Doch das Geld kam nie an. Der Schaden laut Anklage: rund 65.000 Euro! Gertrud S. dagegen beschuldigt ihren Ehemann Michael S. (54).
Ein ehemaliger Angestellter entlastete gestern seine Ex-Chefin. Alles sei auf dem Mist vom Herrn S. gewachsen, so der 54-Jährige: „Er hatte das Sagen in der Firma.“ Gertraud S. sei nur „eine Marionette“ gewesen. Der einzige Fehler, den er ihr anlasten könne: „Sie war einfach zu naiv.“
Naiv oder berechnend? Tatsache ist: Gertraud S. wusste von den Machenschaften. Das zumindest gab sie gestern zu. Warum sie dann nicht eingeschritten sei, wollte die Richterin wissen. Gertraud S.: „Mein Mann ist ein Mensch, gegen den keiner ankommt.“ Ihr ehemaliger Angestellte bestätigte: „Wenn etwas nicht nach seinem Kopf ging, schlug er alles kurz und klein.“
Die Bestatterin genoss das Luxusleben
Die Richterin blieb auch nach der entlastenden Aussage des Zeugen skeptisch: Selbst wenn tatsächlich alles von ihrem Mann ausging, könne sie die ganze Sache „nicht einfach abhaken“. Sie war überzeugt: Gertraud S. müsse involviert gewesen sein in die Geschäftspraktiken ihres Mannes. Denn die 62-Jährige war nicht nur die Chefin, sondern machte die Buchhaltung und kümmerte sich um die Geschäftspost. Sie hatte also Einblicke in alle Vorgänge der Firma.
Was während der Verhandlung klar wurde: Die Bestatterin genoss das Luxusleben an der Seite ihres Mannes. Häufig fuhr das Ehepaar in den Urlaub, sah sich teure Villen in Nizza an, große Autos stellte Michael S. der Gattin außerdem vor die Tür. Wohl, um sie ruhig zu stellen.
Gertraud S. schritt selbst dann nicht ein, als der Gatte ihre eigene Mutter um eine sehr hohe Summe prellte! Der Gipfel: Sie hielt den Kopf hin, als schon einmal gegen Michael S. wegen Betruges ermittelt wurde. Seitdem ist sie vorbestraft.
Michael S., der während des aufsehenerregenden „Bestattermord-Prozesses“ im März nicht nur als Mörder, sondern auch als großer Blender überführt wurde, hüllt sich indes in Schweigen. Er macht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und hofft auf die Revision in seinem Fall. Der Prozess zog sich gestern bis spät in den Abend und wird heute fortgesetzt. mp