Drei Stunden Party im Zug: Mit dieser Bahn ist's möglich

Die Bürgerbahn im Ilztal plant eine After-Work-Sonderfahrt. Was hinter der Aktion steckt und warum die dortige Eisenbahn-Tradition bis König Ludwig II. zurückreicht.
von  Rosemarie Vielreicher
Die Ilztalbahn verkehrt an den Wochenenden von Mai bis Oktober zwischen Passau und Freyung. Sonderfahrten bieten volles Party-Programm.
Die Ilztalbahn verkehrt an den Wochenenden von Mai bis Oktober zwischen Passau und Freyung. Sonderfahrten bieten volles Party-Programm. © Ilztalbahn GmbH Waldkirchen

Bahnfahrten können mitunter unlustig sein. Vor allem, wenn mal wieder nichts nach Fahrplan läuft. Gute Laune im Zug? Von der Realität manchmal sehr weit entfernt.

Nicht so in Niederbayern. Die dortige Ilztalbahn hat am 17. Juli eine Sonderfahrt geplant: eine After-Work-Party auf Schienen. Mit Tanzfläche, DJ und Cocktails an Bord.

Sonderfahrt mit der Ilztalbahn: Hier geht es los – und so lange dauert die Zug-Party

Los geht es um 18.30 Uhr vom Hauptbahnhof Passau aus. Insgesamt wird die Fahrt rund drei Stunden dauern. Auf die Idee gekommen ist Sebastian Grünzweig (41). Er ist freiberuflicher Eisenbahnbetriebsleiter und engagiert sich bei der Ilztalbahn ehrenamtlich.

Diese wird von einem Förderverein und der Ilztalbahn GmbH am Leben gehalten. Er sagt der AZ: "Die Ilztalbahn fährt im Moment nur am Wochenende." Der Plan hinter der zusätzlichen Party-Fahrt an einem Donnerstagabend: "Wir wollen die Strecke bekannter machen." Das forcieren sie bisher schon mit anderen Event-Fahrten wie einer Craftbeerfahrt oder Weinproben an Bord.

Nun soll der Sommer-Donnerstag dazu führen, dass Arbeitende nach Feierabend und auch Studierende mitfahren und in der Bahn eine gute Zeit haben. "Gmiatlich und schee", so stellt es sich der 41-Jährige vor.

Party-Zug in Bayern: "Das Ilztal ist landschaftlich irrsinnig schön"

Wohin geht es genau mit Cocktail in der Hand? "Die Strecke fährt durch das Ilztal hindurch, der Name ist Programm: Das Ilztal ist landschaftlich irrsinnig schön. Wir haben wunderschöne Fluss- und Auenlandschaften. Es geht über Felder und Wiesen hinweg."

Wahrscheinlich werde man bis Waldkirchen fahren, oder eventuell bis nach Freyung. Ganz festgezurrt sei die Route noch nicht. "Es wird unterwegs keinen planmäßigen Ein- oder Ausstieg geben. Wenn dann vielleicht einen Raucherstopp."

Hier startet die Party auf Schienen: Passauer Hauptbahnhof. (Archivbild)
Hier startet die Party auf Schienen: Passauer Hauptbahnhof. (Archivbild) © dpa

Zurück geht es dann wieder zum Bahnhof in der Dreiflüssestadt. Wer mitfährt, bekomme einen Begrüßungsdrink aufs Haus (das Ticket kostet im Frühbucher-Rabatt bis 19. Juni 25 Euro, dann 29 Euro). Im Zug wird es auch Fingerfood geben.

Das ist für den After-Work-Train geplant

Mindestens 60 Party-Passagiere müssen mitfahren, damit die Sonderfahrt stattfinden kann. Insgesamt passen rund 160 Personen in den Zug. Genutzt werde dafür ein zweiteiliger Diesel-Triebzug, sagt Grünzweig.

Das Ilztal sei landschaftlich besonders schön, findet Sebastian Grünzweig.
Das Ilztal sei landschaftlich besonders schön, findet Sebastian Grünzweig. © Ilztalbahn GmbH Waldkirchen

"In dem einen Zugteil werden wir eine Tanzfläche einrichten. Ein DJ wird Musik auflegen, mit entsprechender Beleuchtung und Platz zum Tanzen." Im Zweiten Zugteil werde es etwas ruhiger zugehen, mit Sitzmöglichkeiten und einer kleinen Bar.

Zur Historie der Ilztalbahn heißt es auf der Homepage: "Die 49,6 Kilometer lange Ilztalbahn von Passau nach Freyung im unteren Bayerischen Wald war ursprünglich ein Teil der geplanten Bahnstrecke Passau-Freyung-Grafenau-Zwiesel (-Cham). Sie wurde so aber leider nie gebaut."

Anfang 1886 genehmigt der Kini noch die Pläne

Die spätere Strecke sei Anfang 1886 von König Ludwig II. genehmigt worden, "1887 begann der Bau von Passau über Stelzlhof, Hacklberg, Mausmühle, ilzaufwärts nach Waldkirchen und Freyung", schreibt die Ilztalbahn. Im Dezember 1890 sei die Teilstrecke nach Röhrnbach und Mitte Oktober 1892 die Reststrecke nach Freyung eröffnet worden.

1982 wurde die planmäßige Verbindung für den Personenzugverkehr jedoch eingestellt, 2005 die Bahnstrecke Passau – Freyung letztlich stillgelegt.

Die Strecke wird stillgelegt, es gründet sich ein Förderverein

Im selben Jahr gründete sich der Förderverein, dieser ließ im Folgejahr die Ilztalbahn GmbH notariell beurkunden. Der Verein erklärt: "Der Förderverein hat die Aufgabe übernommen, die Bahnstrecke Passau – Waldkirchen – Freyung einschließlich der denkmalgeschützten Bauten in betriebsfähigen Zustand zu versetzen und zu unterhalten."

Der Endbahnhof in Freyung.
Der Endbahnhof in Freyung. © Ilztalbahn GmbH Waldkirchen

2010 rollte wieder ein Zug zwischen Waldkirchen und Freyung. Ein Jahr später nahm der saisonale Wochenendverkehr den Betrieb auf. 2012 kaufte der Förderverein den Bahnhof Waldkirchen.

Die Bürgerbahn ist eine "Herzensangelegenheit"

Grünzweig sagt der AZ: "Im Moment ist es ein ehrenamtliches Projekt", langfristiges Ziel des Vereins ist es aber, dass dort wieder regulärer Verkehr stattfindet. Dafür brauchen sie die Unterstützung der Politik.

Auf der Homepage führt die Ilztalbahn auf: "Das Angebot wird sehr gut angenommen, zahlreiche Fahrgäste nutzen den Zug für Ausflüge zwischen Passau, Waldkirchen und Freyung und auch weiter bis zum Nationalpark und nach Südböhmen. Damit ist die Bahn schon jetzt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und eine touristische Attraktion, die zahlreiche Gäste in die Region lockt."

Der 41-Jährige ist der Meinung: "Jede Eisenbahnstrecke ist wichtig. Sie ist der Verkehrsträger für die Zukunft." Stichworte Energiewende und Umweltschutz.

Zug-Zukunftsmusik, noch. Derweil fahren die Züge (neben Sonderfahrten) nur an den Wochenenden von Mai bis Oktober, Ehrenamtliche kümmern sich um den Erhalt der Strecke. Von Bäume zurückschneiden bis Schienen reparieren. Es engagierten sich auch Leute, die bei der Bahn arbeiteten und dadurch das nötige Fachwissen mitbrächten.

Hat die Ilztalbahn auch Probleme mit Verspätungen?

"Teilweise kaufen wir professionelle Firmen hinzu", auch wenn das vom Budget her schwierig sei. Für das Engagement zur Wiederbelebung der Strecke gab es 2011 den Bürgerkulturpreis des Bayerischen Landtags.

Grünzweig selbst schätzt, dass er pro Woche neben seinem Job mindestens zwei bis drei Tage für die Ilztalbahn aufwendet. "Eigentlich zu viel, aber es ist eine Herzensangelegenheit", sagt der freiberufliche Eisenbahnbetriebsleiter.

Und hat die Ilztalbahn denn auch Verspätungen wie die Deutsche Bahn? "Auch wir sind vor den Einflüssen der Natur nicht gefeit. Es ist topografisch eine sehr anspruchsvolle Strecke. Aber im Großen und Ganzen hält es sich bei uns im Rahmen."

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