Bernet macht dicht: Droht jetzt der Karpfen-Notstand?

Nach 86 Jahren! Das Traditions-Fachgeschäft in der Vorderen Ledergasse gibt's nicht mehr – wegen eines Umsatzrückgangs um 30 Prozent und Millionenforderungen.
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Der Laden ist zu: 86 Jahre lang war das Fachgeschäft in der Vorderen Ledergasse in Nürnberg die beste Adresse für Feinschmecker.
Berny Meyer 2 Der Laden ist zu: 86 Jahre lang war das Fachgeschäft in der Vorderen Ledergasse in Nürnberg die beste Adresse für Feinschmecker.
Firmenchef Thomas Bernet (43) vor den Becken, in denen bis vor kurzem 100 Zentner Fische gewässert und nach Bedarf herausgeholt wurden, wie ein Helfer zeigt.
Berny Meyer 2 Firmenchef Thomas Bernet (43) vor den Becken, in denen bis vor kurzem 100 Zentner Fische gewässert und nach Bedarf herausgeholt wurden, wie ein Helfer zeigt.

Nach 86 Jahren! Das Traditions-Fachgeschäft in der Vorderen Ledergasse gibt's nicht mehr – wegen eines Umsatzrückgangs um 30 Prozent und Millionenforderungen.

NÜRNBERG Die Karpfensaison ist eröffnet. Doch ausgerechnet jetzt hat Nürnbergs größter Fischhändler dichtgemacht! Seit Montag ist das Traditions-Fachgeschäft Bernet in der Vorderen Ledergasse zu. „Es tut weh“, sagt Thomas Bernet (43). „Ich habe das Geschäft jetzt in der achten Generation geführt. Meine Tochter sollte es weiterführen.“ Die 13-Jährige hatte sogar schon den Angelschein gemacht. Doch der Umsatz brach um 30 Prozent ein. „Das konnten wir nicht mehr auffangen“, erklärt der Firmenchef traurig.

In den riesigen Becken hinter dem Laden schwammen zu guten Zeiten an die hundert Zentner Karpfen und andere Fische herum, bis sie im Kühlhaus verarbeitet wurden. Jeden Tag wurden, so Bernet, ein paar Zentner Karpfen verkauft. Jetzt sind Becken und Kühlräume leer. Wer jetzt die vielen Lokale und Supermärkte in der Region mit Fischen und Wild beliefert, ist noch völlig offen. Seit 200 Jahren handelt die Familie mit den Spezialitäten. Den Laden – mit den Kühlräumen rund 1000 Quadratmeter groß – gab es seit 86 Jahren.

Vom kleinen Familienunternehmen zum größten Fisch- und Wildbrethandel Europas

Und jetzt das abrupte Ende: Ausgelöst durch den Image-Schaden, den Berichte über betrügerische Mitarbeiter auslösten, wie Bernet glaubt. „Dabei habe ich selbst doch nichts verbrochen. Wir haben immer sauber gearbeitet.“ Seine ältesten, treuen Mitarbeiterinnen, beide 69, nicken. Sie sind empört über die Gerüchte.

Außerdem kam der 1,2 Millionen-Euro-Erlös für eine verkaufte Tochterfirma in Amberg nicht mehr: Die Firma ging im Juni pleite. Bernet: „Das hat uns noch den Rest gegeben.“ Doch für seine 15 Mitarbeiter sei gesorgt – die habe er in seinen anderen Firmen untergebracht.

Der Chef sitzt im winzigen Büro neben der Eingangshalle, die mit mächtigen Geweihen von Hirschen und Elchen dekoriert ist. Geschossen vom Großvater Franz und von Vater Georg, der noch mit Franz Josef Strauß auf Jagd ging. Georg Bernet (†65) machte das Familienunternehmen zum größten Fisch- und Wildbrethandel Europas. Dann kamen die Schicksalsschläge: 1988 wurde die Senior-Chefin von Ex-Helfern in ihrer Wohnung ermordet. 2004 kam ihr Sohn Georg, Bundesverdienstkreuzträger und Vize-Präsident der IHK, wegen Steuerhinterziehung in U-Haft. Eine Schande, die er nicht verkraftete. Er erhängte sich in der Zelle. cis

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