Bergsturz-Schock in der Schweiz: Auch in Bayern reißt ein Gipfel auseinander

Ein gewaltiger Bergsturz in der Schweiz alarmiert die gesamte Alpenregion. Eine gesamte Ortschaft wurde evakuiert. Könnte auch den Freistaat ein ähnliches Schicksal ereilen?
Alexander Spöri
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Der Blick von der Bergstation der Ifenbahn im Kleinwalsertal auf die Allgäuer Alpen: in der Mitte der Hochvogel. Forscher haben ihn besonders im Blick, um mögliche Bergstürze rechtzeitig vorhersagen zu können.
Der Blick von der Bergstation der Ifenbahn im Kleinwalsertal auf die Allgäuer Alpen: in der Mitte der Hochvogel. Forscher haben ihn besonders im Blick, um mögliche Bergstürze rechtzeitig vorhersagen zu können. © Reinhold Ratzer/Alimndi.net/imago, Bott/dpa

Nach einem massiven Bergsturz im Wallis mussten rund 300 Einwohner am Montag ihr Dorf verlassen. Auch Bayern beschäftigt mittlerweile die Frage, ob ein ähnliches Naturereignis auftreten könnte.

„In der Schweiz gab es eine Permafrost-Reaktion“, sagt der Geowissenschaftler Michael Krautblatter der AZ. Dauerhaft gefrorener Untergrund sei aufgetaut und habe eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Das Gestein habe sich gelöst und sei ins Rutschen geraten.

Vom Kleinen Nesthorn in der Schweiz stürzet massives Gestein auf den Birchgletscher im Lötschental.
Vom Kleinen Nesthorn in der Schweiz stürzet massives Gestein auf den Birchgletscher im Lötschental. © Jean-Christophe Bott/Keystone/dpa

 

Eine solche Entwicklung sei in Bayern jedoch nur in wenigen Regionen möglich, erklärt der Forscher von der Technischen Universität München. Permafrost gibt es hierzulande nur auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze. Dort wird die Lage kontinuierlich überwacht.

Riss wird immer größer: Hochvogel in den Allgäuer Alpen bricht langsam auseinander

Dafür bricht allerdings im Allgäu der Gipfel des Hochvogels (2592 Meter) an der österreichischen Grenze auseinander. Experten rechnen dort mit einem gewaltigen Felssturz in Richtung Tirol, der auf unbewohntes Gelände trifft – begleitet von verstopften Wildbächen und daraus resultierenden Murgängen.

"Wir erwarten Teilabstürze"

In den vergangenen Jahren sind bereits 140.000 Kubikmeter Gestein abgestürzt – in der Schweiz waren es 1,5 Millionen. Ursache dafür seien unter anderem schnelle Reaktionen auf Starkregen, erklärt Krautblatter. Deshalb wird der Hochvogel alle zehn Minuten von Messsystemen überwacht.

Mehr als fünfmal jährlich besteigt der Experte den Berg, um die Lage genau zu beobachten. Bereits jetzt ist eine deutliche Beschleunigung der Gesteinsbewegungen zu erkennen. Der Riss am Gipfel misst sechs Meter in der Breite, 35 Meter in der Länge und 50 Meter in der Tiefe. Jährlich wächst er um etwa 2,5 Millimeter. „Wir erwarten Teilabstürze“, prognostiziert der Wissenschaftler.

Wie hoch ist das Risiko?

Dramatische Bilder wie in der Schweiz seien im gesamten Freistaat jedoch nicht zu erwarten. Zu diesem Ergebnis kommt auch Tobias Hipp, Experte für Naturgefahren beim Deutschen Alpenverein (DAV). Wahrscheinlicher seien Felsstürze und Steinschläge.

„Für einen Bergsturz müssen extrem viele Parameter zusammenkommen“, erklärt Hipp der AZ. Dazu zählen eine grundlegende Schwäche des Berges sowie ein Wärmeimpuls oder durch den Klimawandel bedingtes Extremwetter.

13 Bergstürze sind im Freistaat dokumentiert

Die grundsätzliche Gefahr will der Experte damit jedoch nicht herunterspielen. Vielmehr will er vor allem Wanderer sensibilisieren. „Es wird immer wichtiger, sich engmaschig über den Wetterbericht zu informieren“, betont Hipp. „Ein paar Tage im Voraus reichen nicht aus, um sich mit aktuellen Sperrungen im alpinen Raum auseinanderzusetzen.“

Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg gibt es derzeit keinen Ort, „an dem ein Bergsturz zu befürchten ist“, heißt es auf eine Anfrage der AZ. Im Freistaat sind bislang 13 Bergstürze dokumentiert – überwiegend aus prähistorischer Zeit.

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Einer ereignete sich im Jahr 1851 am Schrofen unweit von Brannenburg. „Die Sturzmassen stauten den Kirchbach auf, der nach einigen Tagen durchbrach“, teilt das LfU mit. Das Gesteinsmaterial richtete darauf im bewohnten Gebiete erhebliche Schäden an.

In höheren Lagen der bayerischen Nachbarländer treten derartige Ereignisse dagegen häufiger auf. So stürzten erst 2023 etwa 450.000 Kubikmeter Gestein in die Tiefe. Das Gebiet war jedoch unbewohnt und diente lediglich als Weidefläche. Zudem wurde die Gegend rechtzeitig evakuiert, weshalb es keine Todesopfer oder Schäden an den Gebäuden und der Infrastruktur gab.

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