Bayerns Wolf: Ist er längst abgeschossen?

Tierschützer bezichtigen einen Jäger des „feigen Mordes“ im Oberland. Tatsache ist, dass es von dem 2009 eingewanderten Tier seit fast zwei Monaten keine Spur gibt. Ist es ausgewandert?
Bayerischzell - Beliebt war der Wolf in seiner Wahlheimat Bayern nie – jetzt mehren sich die Gerüchte, jemand habe ihn widerrechtlich abgeschossen. Ende 2009 war der Wolf über die grüne Grenze eingewandert. Wolfs-Freunde behaupten jetzt, ein Jäger habe das Tier heimlich abgeschossen. Es wird sogar ein Mann aus der Region des „feigen Mordes“ bezichtigt.
Die Spurenlage: Seit fast zwei Monaten gibt es kaum eine Spur von dem Tier. Laut dem Landesamtes für Umwelt (LfU) hat er am 5. Januar ein Rotwildkalb am Wendelstein gerissen. Das ist per DNA-Spur gesichert. Mitte Februar wurde in Bayrischzell ein „wolfsähnliches Tier“ gesichtet, behördlich gilt das aber nicht als Beweis. Genauso wenig wie Spuren im Schnee. Sie könnten von Hunden stammen. Das muss aber noch nichts heißen.
„Letztes Jahr um diese Zeit hat man auch einige Wochen nichts von ihm gehört oder gesehen“, sagt Katharina Stroh vom LfU. Das findet auch Janosch Arnold vom WWF. „Man bemerkt ihn ja nur, wenn er negativ auffällt. Die Weidezeit beginnt erst Mitte Juni, da kann er keine Schafe reißen.“ Der Wolf könnte wieder nach Österreich gewandert sein. In Hessen ist kürzlich ein Wolf gestorben – ohne Fremdeinwirken, er ist wahrscheinlich verhungert.
Die Motivlage: Wirklich willkommen war der Wolf nie. Seine größten Gegner sind die Almbauern. Seit der Wolf Ende 2009 einwanderte, hat er 15 Exemplare Rotwild, zwei Rehe und 28 Schafe gerissen. Die Bauern aus 30 Orten haben sich zusammengetan, um gegen den Wolf mobil zu machen – verbal. Seit Monaten gibt es Streit um Schutzmaßnahmen, die den Bauen zustehen. Bisher sind sich Bauern und Behörden aber noch nicht einig geworden. Der Standpunkt der Bauern bisher: Zäune bringen nichts, das Tier muss weg. Tierschützer halten die Ängste der Bauern dagegen für Hirngespinste.
Der Verdächtige: Rechtlich ist klar, dass das Tier nicht abgeschossen werden darf. Der bezichtigte Berufsjäger war für die AZ nicht erreichbar. Ein Kollege von ihm ist empört: „Wer sowas sagt, der spinnt. Kein Berufsjäger würde wegen so etwas seinen Job aufs Spiel setzen. Der Wolf ist nicht Sache der Jagd“, sagt er. „Außerdem: Wenn man allen Gerüchten glauben würde, wäre der Wolf schon fünfmal erschossen worden.
Auch dem WWF sind in den vergangenen Woche solche Gerüchte zugetragen worden. „Die Stimmung ist sehr aufgeheizt, es haben im Oberland auch schon Leute dazu aufgerufen, sich selbst zu helfen“, sagt Janosch Arnold. „Aber es gibt keine konkreten Hinweise, deswegen sind wir da vorsichtig.“
Helmut Limbrunner, Bürgermeister von Bayrischzell, hält das Gerede vom Abschuss für „Stammtischparolen“.
Seine Theorie: „Der Wolf ist auf der Suche nach einem Weiberl ausgewandert.“ Da ist auch der Wunsch Vater des Gedankens. „Mir wäre es natürlich sehr recht.“ Restlose Aufklärung kann nur der Wolf selbst bringen – ob nun tot oder lebendig.