Bayerns Texas liegt am Ammersee

SCHONDORF - Klein-Dallas am Ammersee? Wird Beckstein ein Scheich? Bayern ein Öl-Exporteur? Kein Scherz: Das bayerische Wirtschaftsministerium hat einer Erdöl-Firma erlaubt, Probebohrungen am Ammersees durchzuführen.
Unermüdlich bewegt sich die mächtige Pferdekopfpumpe auf und ab. Ringsherum saftige grüne Weiden, dahinter schippern kleine Boote und am Horizont ragen die Alpen in den weiß-blauen Himmel. So könnte es aussehen, wenn am Ammersee demnächst nach Erdöl gebohrt wird.
Anfang April hat das bayerische Wirtschaftsministerium der Activia Resources AG über ihr Joint Venture, die Rhein Petroleum GmbH, die Erlaubnis zur Rohstoffsuche am Westufer des drittgrößten bayerischen Sees erteilt. „Damit haben wir einen ersten Meilenstein erreicht“, freute sich der Alleinvorstand des Erdöl- und Erdgasgasunternehmens, Leigh A. Hooper. Bereits in drei Jahren will der Konzern mit den Bohrungen beginnen. Bayerns Texas liegt dann am Ammersee.
"Öl aus Deutschland stark im Kommen"
Möglich macht’s der hohe Ölpreis: Was Autofahrern an den Zapfsäulen seit Monaten die Zornesröte ins Gesicht treibt, kommt dem Unternehmen gerade recht: „Öl aus Deutschland ist stark im Kommen“, sagte Hooper. Der Ölpreis sei so hoch, dass die Förderung längst wieder rentabel sei. Mindestens zwei bis drei Millionen Tonnen des wertvollen Naturprodukts erwartet Hooper unter bayerischem Boden.
Das Gebiet, in dem Activia seine Fühler ausstrecken will, umfasst insgesamt über 2000 Quadratkilometer. Es erstreckt sich vom Ammersee bis Memmingen und betrifft damit auch die Orte Schondorf sowie Teile der Gemeinden Utting und Dießen. Außerdem sollen die ehemaligen Erdölfelder Arlesried, Lauben, Lauberhart, Niederrieden, Heimertingen und Kinsau wiederbelebt werden. Zwischen den 80er und 90er Jahren wurden dort angesichts der niedrigen Ölpreise die Bohrungen aufgegeben.
Erste Studien schon in den kommenden Tagen
Jetzt macht das Unternehmen die Kehrtwende. Schon in diesen Tagen startet Rhein Petroleum am Ammersee die ersten geologischen und geophysikalischen Studien. Hooper geht davon aus, dass die Bohrer mindestens 3000 Meter tief ins Erdreich des Ammerseegebietes eindringen müssen, um auf Öl zu stoßen. Für eine Bohrung dürften Kosten zwischen drei und fünf Millionen Euro anfallen.
Im Landkreis Augsburg ist man schon einen Schritt weiter. Bereits vor 30 Jahren stießen die Bergbauingenieure in Aitingen auf das schwarze Gold. Heute fördert die Betreibergesellschaft und BASF-Tochter Wintershall monatlich rund 3000 Tonnen Rohöl aus den Lagerstätten. Der Betrieb ist neben einer kleinen Anlage in Herbertshausen das einzige Unternehmen im Freistaat, das derzeit den wertvollen Rohstoff aus dem Boden pumpt.
Die Zeit rennt davon
Allerdings ist die Ölförderung in Bayern auch alles andere als ein Kinderspiel: Der Bodenschatz muss aus porösem Speichergestein in enormen Tiefen an die Oberfläche gepumpt werden. Zudem rennt den Betreibern bei der Arbeit die Zeit davon: Je länger die Förderung dauert, desto mehr Wasser kommt mit dem Energieträger an die Oberfläche. Die Rentabilität nimmt dadurch ständig ab.
Auch deshalb planen die Aitinger bereits die nächsten Bohrungen. Spätestens im Herbst sollen die Suchtrupps erneut auf dem schwäbischen Acker anrücken: „Erste seismische Untersuchungen waren vielversprechend“, erzählt Wintershall-Sprecherin Nadja Brauhardt. Von den Untersuchungen erhoffen sich die Betreiber zehn weitere Förderjahre in Aitingen.
Landschaftsschutzgebiet
Wie lange die Pumpen indes am Ammersee stehen werden, kann Hooper derzeit noch nicht sagen. „Dörfer werden der Erdölsuche aber nicht weichen müssen“, erklärt der Konzern-Chef: „Wir werden eher auf Feldern bohren.“ Trotzdem ist Uttings Bürgermeister Josef Lutzenberger derzeit noch skeptisch: „Schließlich sind wir umgeben von einem Landschaftsschutzgebiet und befinden uns in einer touristisch sehr beliebten Region“, sagt der Grünen-Politiker, „da kann man doch nicht einfach einen Bohrturm reinklatschen“.
Das bayerische Wirtschaftsministerium, das die Bohrung genehmigt hat, sieht das offensichtlich anders. Gut möglich, dass das auch daran liegt, dass die Betreiber fünf Prozent vom Ölverkaufswert als Förderabgabe an den Freistaat abgeben müssen. Viel Geld. Der Ölpreis ist derzeit ja nicht gerade im Keller...
Daniel Aschoff