Bayern: Deutlich mehr Neuerkrankungen an weißem Hautkrebs

NÜRNBERG - Sorgenloses Sonnenbaden ist bei den Deutschen immer noch an der Tagesordnung. Experten warnen: Das Hautkrebsrisiko steigt, besonders betroffen sind immer mehr junge Menschen
Ein Juli-Sonntag an der Isar: Es ist heiß, die Sonne knallt herunter, am Flussufer liegen die Münchner, teils ganz ohne, teils mit Badeklamotten. Viel nackte Haut – und kein Sonnenschirm in Sicht, auch Hüte sind Mangelware. Trotz der bekannten Gefahren der UV-Strahlung nehmen offenbar die wenigsten das Hautkrebsrisiko ernst.
Laut einer aktuellen GfK-Umfrage im Auftrag des „Senioren-Ratgebers“ legen 49,6 Prozent großen Wert auf Sonnenbräune, 14,5 Prozent gehen auch ins Solarium. Nur ein Drittel (34,4 Prozent) versucht wegen der Hautkrebsgefahr das Sonnenbaden so gut es geht zu vermeiden. Diese Haltung zeigt sich auch in Zahlen. „Aufgrund des Freizeitverhaltens steigen die Hautkrebs-Neuerkrankungszahlen drastisch an“, sagt Hans-Peter Krämer, Chef der Deutschen Krebshilfe.
Seit den 80er Jahren hat sich die Zahl der Neuerkrankungen verdreifacht. Jedes Jahr bekommen rund 195000 Menschen die Diagnose Hautkrebs. Damit ist es die Krebsart mit den meisten Neuerkrankungen.
Besonders alarmierend: „Die Patienten werden immer jünger“, sagt der Dermatologe Michael Landthaler, Professor an der Uni Regensburg. „Heute sind 30-Jährige mit weißem Hautkrebs keine Seltenheit.“ Der Münchner Hautarzt Harald Bresser berichtet aus seiner Praxis: „Hier sitzen oft braungebrannte Jugendliche. Sie denken, das betrifft sie – wenn überhaupt – erst irgendwann.“
Schon im vergangenen Herbst forderten Wissenschaftler deshalb, dass die Kassen früher die Vorsorge bezahlen. Zurzeit zahlen sie erst ab dem 35. Lebensjahr. Für eine Studie wurden mehr als 100000 Menschen in Bayern ab dem 13. Lebensjahr in Bayern untersucht. Ergebnis: Ein Viertel der Melanome wären nicht frühzeitig erkannt worden, wenn man die Patienten erst ab 35 untersucht hätte.
Auch Gesundheitsminister Markus Söder, der gestern den neuen Bayerischen Hautkrebsbericht vorstellte, kann keine Entwarnung geben. Zwar blieben die Neudiagnosen des gefährlicheren schwarzen Hautkrebs in Bayern stabil. Der weiße Hautkrebs aber ist auf dem Vormarsch: Bei Männern stieg die Zahl pro 100000 Einwohner von 25 auf 38, bei Frauen von 13 auf 23. Söder will mit der Aktion „Sonne mit Verstand“ die Bürger sensibilisieren. Neben Tipps gibt es im Netz unter www.sonne-mit-verstand.de auch Malvorlagen für Kinder, damit Schirm und Creme sich schon den Kleinen einprägen. Motto: „Sonne soll Spaß machen, nicht krank.“
Rätselhaft sind derzeit hohe Hautkrebszahlen im Landkreis Miesbach: 30 bis 40 Neuerkrankungen pro Jahr. „Das gibt es sonst nur in Australien“, sagt Hautarzt Hans Wilhelm Kaiser aus Tegernsee. Der bisherige Erklärungsversuch der Ärzte: Die Leute im Oberland verbringen womöglich besonders viel Zeit draußen, und in den Bergen ist die Strahlung intensiver.ta