Bauschende Lampions
NÜRNBERG - Daniel Buren, Meister der Streifen und Träger des Praemium Imperiale, verwandelt das Neue Museum Nürnberg in eine Kathedrale des farbigen Lichts.
Die Spur der Streifen ist sein Markenzeichen: Daniel Buren, 71-jähriger französischer Konzeptkünstler, drei Mal Teilnehmer der documenta in Kassel und 2007 mit dem Praemium Imperiale, dem Nobelpreis der Künste, ausgezeichnet, hat mit ihnen schon seine Säulen im Pariser Palais Royal, Tor-Kaskaden in Tokio und Scheinarchitektur in der Toskana bestückt. Nun ist Nürnbergs Neues Museum dran, beim dem er sich auffällig zurückhält: Silbern glänzen sie an der Treppenspirale, an den Bänken im Foyer und rot am Rahmen der Lichtschächte.
„Modulation — Arbeiten in situ“ nennt sich die Ausstellung sperrig. „In situ“ heißt an Ort und Stelle, wo sich Buren an die Arbeit macht: Er entwickelt nicht ein Kunstwerk, um es in beliebige Räume zu stellen, sondern schafft vor Ort etwas Neues.
In Nürnberg nimmt er sich also Volker Staabs Museumsbau vor. Besonders imposant die Fassade am Klarissenplatz, deren 216 Glasfelder er zur Hälfte mit farbigen Folien und Streifen beklebt: Ein „Zickzackfries“, der die Aufmerksamkeitsachse auf den Haupteingang verschiebt — und das Schau- in ein abstraktes Kirchenfenster verwandelt. Sakral wirkt nun das Innere, wo die Lichtreflexe auf den Wänden zittern und manche der umarrangierten Werke in ganz neuem Licht erstrahlen: Wenn sich die Seitenspiegel von Ange Leccias grünen BMW-„Lolitas" mit dem Gelb der Fensterfolien füllen, ist David Lynchs „Lost Highway“ nicht weit.
So geht es weiter durchs halbe Haus: Im Foyer hat Buren die Staab-Bank verdreifacht und die dahinter liegenden Lichtschächte mit „Drei fliegenden Farben“ ergänzt: Zwischen Rahmen aus roten und weißen Streifen bauscht sich grüner und roter Stoff im Hauch der Windmaschine. Und in der großen Ausstellungshalle hängen 25 „Laternen in vier Farben“, längliche Plexiglas-Konstruktionen, die die Maße von Staabs Oberlichtern aufnehmen, in den Raum verlagern und in Gelb, Rot, Grün und Blau leuchten lassen, abwechselnd strukturiert durch weiße und gestreifte Farbfelder.
Für Buren ist das Kunstwerk nicht ein Ding, das es zu sehen gibt, sondern eine Sache, die das Sehen erst erlaubt — und verwandelt: Wenn es draußen dunkel wird, schweben in der Ausstellungshalle lauter traumverlorene leuchtende Lampions.
Georg Kasch
Neues Museum (Klarissenplatz): bis 14. Februar, Di-Fr 10-20 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr
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