Bangen um das Sägemehl
NÜRNBERG - Mit zehn empfindlichen Installationen weckt die Schottin Karla Black in der Kunsthalle die Lust am Zugreifen – und die Angst vorm Kaputtmachen
Kunsthalle, zwischen Baumarkt und Kartoffelkeller. Das kommt vom Gips, den die Baustoff Union in großen Mengen für Karla Black angeliefert hat. Die Schottin, deren Ausstellung ab morgen in der Kunsthalle zu sehen ist, hat in rund zwei Wochen 16 Tonnen Material in zehn Plastiken verbastelt. Der Küchenpsychologe vermutet nach dem ersten Eindruck der Plastiken und Hügellandschaften: Die 37-Jährige durfte früher nie zum Schaufeln an den Strand. Aber das greift natürlich zu kurz. Black formt sie aus simplen Dingen: Gips, Erde, Sägemehl, sogar Make-up-Puder. Und was wirkt wie ein Sandspieldefizit ist nur Ausdruck dafür, dass Black im Besucher den gewünschten Punkt getroffen hat: die Lust am Hinfassen, die sie – obwohl man ihr natürlich nicht nachgeben darf – durch die Empfindlichkeit von Material und Konstruktion auf die Spitze treibt.
So ist schon im ersten Raum lindgrüner Gips derart hauchdünn ausgebracht, dass bereits zu dichtes Vorbeigehen eine kleine Wolke hervorrufen könnte. Zwei Räume weiter steht ein Sägemehlberg, dem das Abbröckeln an allen Seiten praktisch unmittelbar bevorzustehen scheint. Womit der Gedanke „Sollte ich mal hinfassen...?“ so nahe liegt wie der Gedanke: „Hoffentlich fällt’s nicht gerade jetzt auseinander – sonst denken alle, ich wäre schuld.“ Was exakt das ist, was Kunsthallen-Chefin Ellen Seifermann meint, wenn sie davon spricht, Blacks Werke würden sofort einen Bezug zum Besucher herstellen: Animierend, verlockend – und in seiner Zerbrechlichkeit stets auch beunruhigend. mur
Karla Black – Ten Sculptures, Kunsthalle, Lorenzer Str. 32, Di.- So. jeweils 10-18 Uhr.
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