Auswilderung "im Zeichen des Glaubens": Bayern bekommt zwei neue Bartgeier
An diesem Dienstag ist es wieder soweit: Im Nationalpark Berchtesgaden sollen erneut zwei junge Bartgeier ausgewildert werden. Es ist bereits das fünfte Jahr für das Naturschutzprojekt, das 2021 von dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) sowie dem Nationalpark Berchtesgaden ins Leben gerufen wurde. Heuer stammen die beiden Vögel aus der Schweiz und aus Österreich. Sie sind am Auswilderungstag genau 88 Tage alt und können noch nicht fliegen.
Bei einem Festakt im Klausbachtal sollen am Dienstag ihre Namen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Anschließend trägt das Bartgeier-Team die Vögel in speziellen Kraxen hinauf zu einer Nische in einer Felswand. Viele Bartgeier-Fans werden erwartet, doch - anders als in den Vorjahren - keine prominenten Politiker.
Auswilderungsjahr nun „im Zeichen des Glaubens“
Anstelle von Landespolitikern sind zwei Geistliche als Ehrengäste eingeladen worden: Daniel Jägers, Vikar der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde von Bad Reichenhall-Berchtesgaden, und Pfarrer Herwig Hoffmann vom Pfarrverband Ramsau-Unterstein. Der Grund für den diesjährigen Themenschwerpunkt: Dieser Tage jährt es sich zum zehnten Mal, dass der verstorbene Papst Franziskus seine Umwelt-Enzyklika „Laudato si’“ veröffentlicht hat. Der Beweggrund des Papstes sei die „Sorge um das gemeinsame Haus“ gewesen, heißt es auf der Webseite der Deutschen Bischofskonferenz. Diese sei aktueller denn je und es werde immer deutlicher, „dass für eine ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit alle gebraucht werden“.

Zu Ehren dieser für den LBV wichtigen Naturschutzschrift soll das Auswilderungsjahr nun „im Zeichen des Glaubens“ stehen, wie Toni Wegscheider der AZ berichtet. Er begleitet das Projekt und die Geier seit Beginn. Die Wichtigkeit einer intakten Natur und der Schöpfung sollen demnach der Öffentlichkeit näher gebracht werden. Die Kirche sei „ein wichtiger und spannender Partner“, denn sie sei für viele Naturschutzprojekte in Deutschland verantwortlich.
Der Auswilderungstag hatte in der Vergangenheit viele Bartgeier-Fans angelockt. Und auch dieses Jahr werden wieder zuhauf Teilnehmer im Klausbachtal erwartet. „Wir haben auch online eine riesige Fan-Gemeinschaft geschaffen, Hunderte Leute, die täglich kommentieren und bei der Auswilderung auch den Livestream verfolgen werden“, sagt Wegscheider.
Auf der Webseite des LBV können Interessierte zudem jedes Jahr per Webcam die Bartgeier in ihrer Auswilderungsnische beobachten - so lange, bis sie schließlich flügge werden und das Nest verlassen. „Es gibt sogar Menschen, die nachts die Bartgeier beim Schlafen beobachten und die Bewegungen dann im Forum kommentieren.“ Der erste Flügelschlag „der Neuen“ und jede ihrer Bewegungen können durch die Online-Liveübertragung auch künftig wieder mitverfolgt werden. Zudem werden die Tiere mit GPS-Sendern ausgestattet, sodass ihre Flugrouten im Internet einsehbar sind.
Gibt es bald Bartgeier-Babys in Bayern?
Bis auf die Bartgeierdame Wally (AZ berichtete) haben alle Vögel aus dem Auswilderungsprojekt überlebt und ziehen ihre Kreise teils bis weit in den Alpenraum, teils aber auch in der Gegend um ihre Auswilderungs-Heimat Berchtesgaden. Wally war eins der beiden ersten ausgewilderten Tiere. Sie war 2022 im Raintal nördlich der Zugspitze tot gefunden worden - sie wurde von einem Stein erschlagen.

Dass die Tiere den Alpenraum erkunden, sei normales Verhalten und natürlicher Entdeckungsdrang. Mit circa fünf Jahren kehren drei Viertel der Tiere laut Wegscheider wieder in ihre Heimatregion zurück. „Dann siedeln sie sich fix an und suchen einen Partner.“
Ziel des Projekts ist es, die zentraleuropäische Population des Greifvogels zu stärken und ihn in Deutschland wieder anzusiedeln. „Wir wollen den Bartgeier wieder etablieren. Sie sollen dauerhaft, ohne jährliche Auswilderung, hier leben können“, so Wegscheider. Das Projekt werde solange fortgeführt, bis pro Jahr ein bis zwei Küken natürlich ausfliegen, ohne menschliches Zutun.
Hierzulande sind die Aasfresser, deren Ruf es war, Lämmer zu erbeuten, vor über 100 Jahren durch den Menschen ausgerottet worden. Früher hielt man die Vögel mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern für gefährlich. Ihnen wurde gar nachgesagt, dass sie Kinder stehlen und fressen. Tatsächlich steht bei ihnen nur Aas auf dem Speiseplan.
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