Ausstellung von jungen Flüchtlingen

Sie haben ihre Familien in Krisenländern zurück gelassen und flüchteten monatelang durch ihnen unbekannte Länder. Oft blieb ihnen nur ein Gegenstand als Erinnerung an zu Hause. Zehn junge Flüchtlinge verraten für eine Fotoausstellung in Würzburg, welche das sind.
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Der jugendliche Flüchtling Amiin hältwährend der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg sein Porträt in den Händen.
dpa 3 Der jugendliche Flüchtling Amiin hältwährend der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg sein Porträt in den Händen.
Der jugendliche Flüchtling Samson sortiert während der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg seine Fotos.
dpa 3 Der jugendliche Flüchtling Samson sortiert während der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg seine Fotos.
Der 16-jährige Imran aus Afghanistan hält während der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg einen Herzanhänger in der Hand. Der Anhänger ist alles, was ihm von Hause geblieben ist.
dpa 3 Der 16-jährige Imran aus Afghanistan hält während der Vorbereitungen zur Ausstellung "Stories of my Life" im Museum im Kulturspeicher in Würzburg einen Herzanhänger in der Hand. Der Anhänger ist alles, was ihm von Hause geblieben ist.

Würzburg - Es sind nur vier Fotos. Das Porträt eines 16-jährigen Schülers aus Afghanistan, das Bild seiner Kette mit einem halben Herz daran, der Blick in sein Zimmer und ein Selbstporträt. Doch die Collage erzählt die Geschichte seines Lebens. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der alles hinter sich lassen musste, um überleben zu können. Die vier Bilder sind Teil einer neuen Ausstellung, die im Würzburger Museum im Kulturspeicher am Donnerstag (23. Juli) eröffnet werden soll.

Für "Stories of my Life" haben zehn junge Flüchtlinge aus Eritrea, Syrien, Afghanistan und Somalia zum Teil sehr persönliche Einblicke in ihr Leben gewährt. Fast alle von ihnen sind ohne ihre Familien nach Deutschland gekommen. Sie sind heute zwischen 15 und 17 Jahre alt und leben seit vergangenem Herbst in Würzburg. Die Erinnerung an zu Hause wird nicht selten von nur einem Gegenstand wach gehalten. Eine Bibel, das Bild eines Priesters, ein Wörterbuch, ein Heiligenbild, eine selbst gebastelte Tasse, ein halber Herzanhänger.

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Für den 16-jährige Imran aus Afghanistan ist der Herzanhänger alles, was ihm von Hause geblieben ist. Eine ähnliche Kette hatte er vor seiner Flucht von seiner Mutter geschenkt bekommen. "Sie hat mir gesagt, wenn du dieses Herz betrachtest, kannst du mich sehen", erinnert sich der Jugendliche. Doch er verlor sie auf seiner Flucht, in einem Wald irgendwo zwischen der Türkei und Bulgarien. In Deutschland angekommen, sparte er fast zwei Monate lang jeden Cent, um sich eine ähnliche kaufen zu können. "Der Anhänger ist eine Möglichkeit für mich, mich mit ihr verbunden zu fühlen und sie bei mir zu tragen."

Imrans Zimmer sieht aus wie das eines jeden 16-Jährigen. Gestreifte Bettwäsche, Poster und Familienfotos an der Wand, eine Gitarre neben dem Bett. Er selbst trägt dicke blaue Kopfhörer um den Hals, hat wache Augen, lächelt viel. Der Junge ist vor mehr als einem Jahr aus Afghanistan geflohen, weil die Taliban sein Leben bedrohten. Er arbeitete in der Küche einer US-Militärbasis. Fünf Monate war er auf der Flucht, erzählt er. Seine Familie hat er schon lange nicht mehr gesehen. "Ein Jahr und fünf Monate. Ich weiß nicht, ob es ihnen gut geht, ob sie noch leben", sagt er.

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Ähnliche Geschichten haben alle Jugendlichen dieses Fotoprojektes zu erzählen. Entstanden sei die Idee für die Ausstellung, als das islamkritische Bündnis Pegida Woche für Woche durch die Straßen Würzburgs zog. "Mit der Ausstellung geht es uns auch darum, die Herzen zu öffnen für die Flüchtlinge", sagt Museumspädagogin Christiane Rolfs. "Zu zeigen, wer sie sind, ihnen eine Bühne zu geben und sie damit aus der anonymen Masse herauszuholen."

Seit März haben die zehn Flüchtlinge an dem Projekt gearbeitet, neben ihrem normalen Schulalltag. "Die Jugendlichen haben alle Fotos selbst gemacht und in der Dunkelkammer entwickelt. Die Fotos sind vom Anfang bis zum Ende durch ihre Hände entstanden", sagt Benjamin Brückner, der das Projekt als freier Fotograf begleitete. Wertschätzung, Anerkennung, Stolz auf die eigene Arbeit - das Projekt habe auch den Jugendlichen viel gegeben. Die Jugendlichen schrieben auch Texte zu ihren persönlichen Gegenständen. "Teilweise sind das schon sehr dramatische Texte über ihre Flucht", sagt Museumspädagogin Rolfs.

"Ich hoffe, dass dieses Projekt ein bisschen aufweckt und dass auch andere Städte mit ähnlichen Projekten nachziehen", sagt Nico Kirchberger, stellvertretender Museumsdirektor. "Damit das Flüchtlingsthema ein Gesicht bekommt."

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