Ausländerbeiräte beklagen wachsenden Rassismus in Bayern

Mal ist es ein abfälliger Blick, bisweilen aber auch blanke Gewalt - in Bayern lebende Migranten sehen sich, geht es nach den Erfahrungen der bayerischen Ausländerbeiräte, immer häufiger Hass und Diskriminierung ausgesetzt.
dpa |
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"Rassismus ist hier nicht willkommen" ist auf einem Plakat zu sehen. Foto: Daniel Karmann/dpa
dpa "Rassismus ist hier nicht willkommen" ist auf einem Plakat zu sehen. Foto: Daniel Karmann/dpa

Bamberg (dpa/lby) - In Bayern lebende Migranten sehen sich nach Ansicht der Integrationsbeiräte in wachsendem Maße Hass und Rassismus ausgesetzt; sie fordern deshalb eine systematische Erfassung rassistischer Übergriffe und Diskriminierungen. "Der Hass gegen Minderheiten, von der Migranten besonders betroffen sind, hat nach unserer Beobachtung eine neue Dimension erreicht", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns (AGABY), Mitra Sharifi, der Deutschen Presse-Agentur. "Dabei sehen wir nicht nur die wachsende Gewalt im rechtsextremen Bereich gegenüber Minderheiten. Inzwischen ist auch in der Mitte der Gesellschaft die Hemmschwelle zu rassistischen Taten und Äußerungen gesunken", sagte sie.

Nach Berichten der 31 in der AGABY zusammengeschlossenen Beiräte wüchsen die Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe oder anderer Kultur. "Man nimmt ganz andere Blicke wahr. Frauen mit Kopftuch werden von Menschen auf der Straße bespuckt und auch angepöbelt", berichtet Sharifi.

Stark zu spüren bekämen Zuwanderer auch die Vorbehalte bei der Suche nach einer Wohnung auf dem angespannten Wohnungsmarkt: "Es reicht, schon einen leichten ausländischen Akzent oder einen ausländischen Namen zu haben - schon landet man ganz am Ende der Bewerberliste", berichtet die AGABY-Vorsitzende. Nach ihren Angaben vertreten die Integrationsbeiräte die Interessen von 90 Prozent der in Bayern lebenden Migranten.

Als Konsequenz fordert sie eine Antidiskriminierungsstelle auf Landesebene. Diese sollte nach AGABY-Vorstellung nicht nur die Kommunen beim Aufbau lokaler Antidiskriminierungsstellen unterstützen, sondern auch rassistische Vorfälle systematisch erfassen, untersuchen und daraus Präventionsmaßnahmen entwickeln. Die Erfahrung in mehreren bayerischen Städten mit solchen Stellen wie München, Nürnberg, Erlangen und Regensburg seien positiv. Für Opfer von Hass und Gewalt stellten sie eine wichtige Anlaufstelle dar, um sich Gehör zu verschaffen. Die dortigen Mitarbeiter berieten die Betroffenen und vermittelten bei Bedarf auch juristischen Beistand. "Allein schon Gespräche über ihre Erfahrungen sind für Opfer von Hass wichtig. Denn Rassismus verletzt den Menschen in seiner Seele und seiner Persönlichkeit."

Für längst überfällig hält Sharifi auch die Einführung eines Kommunalwahlrechts für alle Ausländer. Bisher dürfen an kommunalen Urnengängen nur EU-Ausländer teilnehmen. "Wir sind der Meinung, dass die stärkere politische Partizipation von Migranten in Form des Kommunalwahlrechts ihre Integration in deutsche Gesellschaft stärkt", ist Sharifi überzeugt. In Bayern finden am 15. März 2020 die nächsten Kommunalwahlen statt.

In der bayerischen Flüchtlingspolitik stößt vor allem das Konzept der Ankerzentren für Asylbewerber bei den Migranten-Vertretungen auf große Vorbehalte. "Die Ankerzentren, wie das in Bamberg, sind konzeptionell einfach falsch. Da wird eine große Zahl Menschen unter schlechten Bedingungen zusammengebracht. Die oft bereits traumatisierten Menschen werden zermürbt", kritisierte die AGABY-Chefin. Das fördere Konflikte und auch Gewalt, was einen großen Sicherheitsapparat mit privaten Sicherheitsdiensten erforderlich mache.

"Es wäre günstiger und humaner und erhöht die Akzeptanz der Bevölkerung, Flüchtlinge dezentral unterzubringen", findet Sharifi. Sie leitet den landesweiten Dachverband bereits seit 20 Jahren. Die 57-Jährige arbeitet als Sprachwissenschaftlerin an der Uni Bamberg.

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