Aus Nürnberg: Motoren für die irren Renn-Laster

In zwei Wochen startet die Meisterschaft, jetzt laufen die letzten Tests der 1100 PS starken Maschinen.
von  Abendzeitung
Mit 1100 PS und maximal Tempo 160 sind die Rennlaster unterwegs. Angetrieben werden die 5,5 Tonnen schweren Boliden von Motoren aus Nürnberg. MAN ist mit sechs Teams am Start
Mit 1100 PS und maximal Tempo 160 sind die Rennlaster unterwegs. Angetrieben werden die 5,5 Tonnen schweren Boliden von Motoren aus Nürnberg. MAN ist mit sechs Teams am Start © MAN

In zwei Wochen startet die Meisterschaft, jetzt laufen die letzten Tests der 1100 PS starken Maschinen.

NÜRNBERG Rennatmosphäre in der Vogelweiherstraße. Die 1100 Pferdestärken des Sechszylinders dröhnen, die Auspuffanlage fängt an zu glühen. Doch hinter den Glasscheiben des Prüfstands ist von der geballten Rennpower nichts zu spüren. Nur die Diagramme auf den Bildschirmen zeigen an, ob der Treibstoff in den Brennräumen optimal in Leistung umgesetzt wird. Sechs Experten entwickeln in der Südstadt die Motoren für die MAN-Renntrucks. Am 22. Mai startet das erste Rennen der European Truck Racing Championship in Misano in Italien.

Szenenwechsel auf die Rennstrecke: Im südfranzösischen Nogaro müssen die D26-Motoren nun zeigen, dass sie nicht nur im Prüfstand Leistung bringen. Die sechs Teams, die mit MAN-Triebwerken ausgestattet sind, suchen auf der Rennstrecke die optimale Abstimmung von Maschine und Fahrwerk. „Der Motor ist spürbar stärker als letztes Jahr. Das zeigt sich an den Rundenzeiten und den Beschleunigungswerten“, sagt Fahrer Jochen Hahn.

Im Alltagsbetrieb leistet ein D26-Motor in einem 40-Tonnen-Sattelzug 540PS. Im Renneinsatz kommt er auf über 1100PS. „Die Racing-Motoren werden aber nicht neu konstruiert. Wir verwenden in erster Linie Serienteile, um die vorhandenen Bauteile auch für Serien-Lkw zu testen“, so MAN-Experte Timo Theiner. Einspritzanlage, Brennräume im Zylinder und Turbolader werden aber für den Renneinsatz angepasst.

In 5,5 Sekunden von Tempo 50 auf 160

So viel Power beschleunigt die nach Reglement mindestens 5500 Kilo schweren Rennlaster im fliegenden Start in 5,5 Sekunden von 50 auf 160 Stundenkilometer. Schneller dürfen die Trucks auf der Rennstrecke nicht werden.

An neun Wochenenden mit insgesamt 36 Wertungsläufen sorgen 18 Fahrer aus zehn Ländern und sieben Truck-Marken bei der Championship für flirrende Luft über dem Asphalt. Schwarze Rußwolken wie in früheren Jahren wird es dabei nicht geben. Das Reglement sieht vor, dass die Motoren zu keiner Zeit Schwarzrauch produzieren dürfen – sonst wird das Team disqualifiziert. Eine Herausforderung für die Techniker.

„Durch die extreme Belastung lässt sich die Alterung bestimmter Bauteile im Zeitraffer simulieren“, erläutert Theiner den Nutzen des Renn-Engagements und rechnet vor: „Eine Alltagsbelastung von 500.000 Kilometern lässt sich so in zwei bis fünf Rennen abspulen.“ Diese Erkenntnisse werden im Nürnberger Motorenwerk umgesetzt, um die Serientechnik zu verbessern und die Effizienz zu steigern. 3600 Beschäftigte produzieren hier 60.000 Motoren im Jahr. In der Technik ist die Kurzarbeit beendet, sonst gilt sie weiter.

MAN hofft, mit einem erfolgreichen Renneinsatz weitere Marktanteile zu gewinnen. In der Saison 2009 wurde MAN-Fahrer Antonio Albacete Vizemeister, sechs MAN-Piloten landeten unter den Top Ten. 400.000 Zuschauer wurden im letzten Jahr bei den Rennen gezählt. Höhepunkt ist heuer der Truck Grand Prix vom 23. bis 25. Juli am Nürburgring. Dort werden auch die Nürnberger Motoren-Experten pure Rennatmosphäre genießen – ohne trennende Glasscheibe. Michael Reiner

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