Aus für Club-Trainer Oenning: Sechs Gründe für den Rauswurf
Einstimmiger Beschluss der Chefs des 1. FC Nürnberg. „Schnelle Einigung“ über die Abfindung. Der Nachfolger soll spätestens bis 1. Januar gefunden sein
NÜRNBERG Gestern, 13.58 Uhr, griff Manager Martin Bader nach fast dreistündiger Analyse der Club-Krise zum Handy und informierte Trainer Michael Oenning darüber, was kommen musste: Auflösung des bis Juni 2011 datierten Vertrages. Laut Finanzchef Ralf Woy wurde mit dem 44-Jährigen „eine schnelle Einigung“ über die Abfindung erzielt. Dem Vernehmen nach eine halbe Million Euro – trotz 5,8 Millionen Euro Miesen, die das abgelaufene Geschäftsjahr gebracht hatte.
"Die Mannschaft hat nicht alles gegeben"
Der Beschluss, Oenning zu feuern, fiel im vierköpfigen Präsidium und beim telefonisch zugeschalteten, sechs Personen umfassenden Aufsichtsrat einstimmig. „Wir waren an einem Punkt angelangt, wo wenig Hoffnung bestand, dass wir schnell die Kurve kriegen würden“, sagt Bader angesichts der katastrophalen Ausbeute von zwölf Punkten aus 17 Partien. Präsident Franz Schäfer unterstellt der Mannschaft indirekt sogar Mobbing gegenüber dem Trainer, sagt: „Ein Grund ist absolut, dass die Mannschaft nicht alles gegeben hat.“ Nur eine von vielen Ursachen.
"Wir dürfen nicht so locker trainieren"
Zu lasches Training: Schon nach dem 0:4 in Leverkusen am 3. Oktober hatten sich Führungsspieler über den zu netten Herrn Oenning bei Bader beschwert. Kapitän Andreas Wolf legte kürzlich nach, beklagte, es stünde schon seit Wochen keine Einheit auf dem Platz. Javier Pinola nach dem 0:4 in Dortmund vor 16 Tagen: „Wir dürfen nicht so locker trainieren. Sonst spielen wir auch so.“ Sie spielten so weiter – lasch.
Keine Stammelf gefunden
Taktik und Personal gemahnten an: Jugend experimentiert. Bundesliga-Frischling Oenning fand keine Stammelf, probierte immer neue Systeme aus. Einzige Konstante: keine Ergebnisse.
Arroganz gerne mit Professionalität verwechselt
Die Analyse des Gegners und der eigenen Leistung war einigen Spielern zu mangelhaft. Wobei sich manche selbst hinterfragen müssten – angesichts üppiger Gehälter. Nur wird Arroganz gerne mit Professionalität verwechselt.
Jugend forsch, okay, aber nur wenn Qualität da ist
Selbstüberschätzung: Oenning wollte den von ihm erkorenen Jugendstil im Oberhaus fortsetzen. Jugend forsch heißt’s auch auf Schalke oder in Dortmund. Nur: Dort gibt’s Qualität und nicht nur Quantität.
Eine Entwicklung der einzelnen Spieler war unter Oenning, mit Ausnahme von Albert Bunjaku und Mike Frantz, nicht zu erkennen – auch zum Leidwesen des immer ratloser wirkenden Trainers.
Demontage der Führungsspieler
Die sukzessive, subtile Demontage von Führungskräften wie Angelos Charisteas und Jaouhar Mnari, die sich kaum beweisen durften, obwohl Oenning dem Duo bescheinigte, wie wichtig sie für die Mannschaft wären. Von seiner Nibelungentreue profitierte aber nur Christian Eigler (Oenning: „Er muss nichts mehr nachweisen“), der vorwiegend enttäuschte.
Dass in einem Zug nicht auch Bader („Ich glaube, alle Maßnahmen von Michael waren nachvollziehbar“) seinen Hut nehmen musste – Boss Schäfer hatte nach der 0:3-Blamage von Köln angekündigt: „Wir hinterfragen die sportliche Leitung, zu der gehört auch der Manager“ – erklärt Bader so: „Meine Person war bei der Analyse kein Thema.“ Weil ihm Schäfer (noch) „voll vertraut“.
Der Nachfolger soll bis 1. Januar gefunden sein
Oennings Nachfolge soll spätestens am „1. Januar geklärt sein, diese Frist haben wir uns gesetzt“, sagt Bader, der seinen Weihnachtsurlaub storniert hat. Favoriten: Dieter Hecking und Marcel Koller (siehe unten). Baders Hoffnung: „Wir müssen eine Stimmung erzeugen, dass wir Klasse doch noch halten werden.“ Nur wie? Markus Löser