Auf dem Gipfel beißender Satire
NÜRNBERG - Nachschlag zum Deutschen Kabarett-Preis: Andreas Rebers begeisterte mit Biss in der Nürnberger Tafelhalle.
Erst der Kabarettpreis, dann der Leistungsnachweis: In der ausverkauften Nürnberger Tafelhalle konnte sich das Burgtheater-Team beim abendfüllenden Gesinnungsanschlag des frisch gekürten Andreas Rebers (s. AZ vom Montag) die unterstellte Entwicklungssprungkraft des Münchner Musik-Satirikers, der so unverschämt Multikulti püriert, persönlich bestätigen lassen. Das Solo „Auf der Flucht“ ergibt über die ganze Distanz erst recht ein Glanzstück, mit dem der 51-Jährige zur Tücke eines Schramm, Hader und Barwasser aufschließt.
Am umjubelten Ende streichelt er nochmals sanft sein E-Piano und ruft den alten Soul-Gott an, er sei doch nur eine Seele mit guten Absichten, die nicht missverstanden werden möchte: „Oh Lord, don’t let me be misunderstood.“ Als Stammtischler aus dem Verband der Durchtriebenen hat Rebers dazu allen Grund. „Dezenz ist Schwäche“ behauptet er, reckt erst sein pappgekröntes Haupt in Schuld und Vorurteil und landet dann nach der Pause vom Außer-Sich im Über-Ich und Unter-Mir, dass es nur so ein Freud ist: Ob er wieder behauptet habe, dass „wir die Guten sind“, fragt er da ins Parkett. Immer vorwärts und stets vergessen. Er beginnt bei Adam und Eve (das Paradies, sie mussten leave), entschuldigt sein Halbwissen indischer Wiedergeburtslehren („Bin ich Jesus? Nageln sie mich nicht fest“) und verschont weder „feminisierte Heulsusen-Pädagogik“ noch Schwächere (wenn er den Schwerbehindertenplatz besetzt und Ausweise auf Gültigkeit kontrolliert) oder Heidi Goebbels’ Klum-Fuß.
„Auf der Flucht“ ist ein gezielt geplanter, blitzgescheiter Aufstieg auf den Gipfel beißender Satire: „Aufi“ in die Niedertracht. Die Absturzgefahr sichert den entlarvenden Nervenkitzel des Unkorrekten: „Ich plädiere für tiefstes Misstrauen“, sagt Rebers, während die „Fremdschäme“ im doppelten Boden infamen Wahnwitzes versinkt. daer
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