Auch mein Sohn starb im Knast den Drogen-Tod!

Carola M. gibt den Behörden eine Mitschuld am Tod von Tom (19). Er schnüffelte sich mit Feuerzeug-Gas zu Tode
von  Abendzeitung
Tom (19) schnüffelte sich im Ebracher Knast zu Tode.
Tom (19) schnüffelte sich im Ebracher Knast zu Tode. © bayernpress.com

Carola M. gibt den Behörden eine Mitschuld am Tod von Tom (19). Er schnüffelte sich mit Feuerzeug-Gas zu Tode

EBRACH Mit Gas, das zum Auffüllen von Feuerzeugen gebraucht wird, hat sich im Gefängnis von Ebrach (Oberfranken) ein jugendlicher Drogenkonsument (19) zu Tode geschnüffelt. Seine Mutter ist verzweifelt. Sie gibt den Behörden eine Mitschuld am Tod ihres Sohnes.

Jeden Tag besucht Carola M.* das Grab auf einem kleinen Friedhof im Landkreis Roth. Tränen und Trauer haben sie fest im Griff – und der Zorn über die Zustände hinter den Gefängnismauern. Zur AZ sagte sie: „Im Knast ist es ganz leicht, an Drogen heranzukommen. Es ist letztlich nur eine Frage des Preises.“ Das geht auch aus den zahllosen Briefen hervor, die ihr Tom aus dem Knast geschrieben hat.

Noch mehr erzürnt ist Carola M. darüber, dass Tom keine Drogentherapie bekam: „Er war fix und fertig. Ständig wurde irgendein Grund vorgeschoben, um die Therapie zu verzögern. Dabei wäre sie dringend notwendig gewesen“, beschreibt Carola M. die monatelange Zitterpartie.

Ist es wirklich so leicht, im Knast an Drogen zu kommen?

Die Gefängnisleitung in Ebrach räumt durchaus ein, dass es zu Verzögerungen gekommen ist: „Wir haben einen neuen Psychologen bekommen, der sich erst einarbeiten musste. Das hat etwas Zeit gekostet“, erklärt der amtierende Chef der Jugendhaftanstalt. Er weist aber auch noch auf einen anderen Umstand hin: „Wir müssen jedesmal einen Träger finden, der die Kosten übernimmt. Das ist nicht immer einfach.“

Für Carola M. sind das nur verbale Scheingefechte: „Was hatte Tom eigentlich überhaupt in Ebrach zu suchen? Dort sitzen doch nur die ganz schweren Jungs. Er war sicherlich kein Engel, aber er war kein Gewalttäter.“

Tom hatte eine Karriere hinter sich, die typisch für Drogenabhängige ist: Mehrfach wurde er mit Stoff von der Polizei erwischt, immer wieder wurde gegen ihn wegen Diebstählen und anderer Kleindelikte ermittelt. Beschaffungskriminalität heißt so etwas im Polizeijargon. Jugendliche landen deswegen normalerweise in Heimen oder ähnlichen Erziehungseinrichtungen, aber nicht im Ebracher Knast. Dort sitzen eher Mörder, Totschläger und Schwerkriminelle.

Tom kam auch nur über Umwege dorthin. Seine Strafe, 15 Monate ohne Bewährung, saß er zunächst in der Jugendhaftanstalt Neuburg/Donau ab. Doch dann wurde er nach Ebrach verlegt. Carola M.: „Mein Sohn hat gerappt. Und Rapper haben eben eine drastische Sprache. Dadurch hat sich ein Gefängniswärter offensichtlich bedroht gefühlt. Das war zwar völliger Quatsch, weil Tom ein ausgesprochen friedlicher Mensch war, aber es hat dazu geführt, dass er nach Ebrach verlegt worden ist. Das war der Anfang vom Ende.“

Dass die Vorwürfe von Toms Mutter nicht aus der Luft gegriffen sind, beweist ein Fall, der sich in der vergangenen Woche abgespielt hat: Nach einer „Drogenparty“ starb ein Häftling im Nürnberger Knast an einer Überdosis Heroin.

Helmut Reister

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