Arme Schweine: Krank zum Schlachthof

Laut einer Studie der LMU München ist fast jedes Tier, das in Bayern geschlachtet wird, krank.
Ralf Müller |
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So sehen viele Mastställe aus: Spaltenboden statt frisches Stroh. Foto: Imago
Imago So sehen viele Mastställe aus: Spaltenboden statt frisches Stroh. Foto: Imago

München - An Ostern wird in vielen bayerischen Familien wieder ein Festtagsbraten auf dem Tisch stehen. Anlass für Tier- und Umweltschützer, den Verbrauchern jetzt – so kurz vor den Feiertagen – ins Gewissen zu reden: Das Kaninchen stammt oft aus quälerischer Zucht, Eier aus Käfighaltung und der Schweinebraten kommt nicht selten von kranken Tieren, wie der Bund Naturschutz in Bayern (BN) anhand einer Studie der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) darlegte.

Die Studie: Am Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit der LMU hat man 948 Mastschweine an drei süddeutschen Schlachthöfen unter die Lupe genommen und festgestellt, dass 91,8 Prozent so genannte Hilfsschleimbeutel aufwiesen.

Diese Entzündungen bilden sich als Reaktion auf dauerhafte Fehlbelastungen wie zum Beispiel Druck. 44,1 Prozent der Tiere wiesen mittel- bis hochgradige Veränderung dieser Art auf, so Lehrstuhlinhaber Manfred Gareis.

Ursachen für die Erkrankung: Über die Ursachen dieser krankhaften Veränderungen gibt es nur Vermutungen, aber fundierte: Von einer Kontrollgruppe bestehend aus 58 Mastschweinen aus ökologischer Haltung wiesen nur 13,8 Prozent „geringgradige“ Veränderungen dieser Art auf.

Für Gareis ist die Haltung der Schweine auf Teil- und Vollspaltenböden, bei denen die Tiere nicht richtig auftreten können, ursächlich für die Gliedmaßenerkrankungen. Die konventionell gehaltenen Schweine hatten als Nebenbefund zu 26,5 Prozent Klauenverletzungen aufgewiesen.

Die Auswirkungen: Auf die Gesundheit der Fleischverbraucher haben die zum Teil tennisballgroßen Hilfsschleimbeutel keine Auswirkungen, versicherte Gareis. Die Entzündungen gingen zu 99 Prozent nicht auf Infektionen zurück, sondern seien „steril“. Die krankhaften Veränderungen verursachten den Tieren allerdings chronische Schmerzen und seien mit dem Tierwohl nicht vereinbar.

Kritik vom BN: „Wir haben ein riesiges Problem“, sagte BN-Vorsitzender Hubert Weiger. Der Zwang zu immer billigerer Produktion sei mit artgerechter Tierhaltung nicht in Einklang zu bringen. Weiger forderte eine Veränderung der staatlichen Förderung. Es dürften nicht einfach der Neubau von Ställen gefördert werden, sondern der „Umbau vorhandener Ställe“. Wolle man eine am Tierwohl orientierte Landwirtschaft, dann müsse man den Schweinen eine großzügige Strohunterlage ohne Spaltenboden, mindestens vier Quadratmeter Platz pro Tier und möglichst ab und zu Freilauf gewähren, sagte der Öko-Landwirt und Vorsitzende des BN-Arbeitskreises Landwirtschaft Stephan Kreppold. Immer wieder wurde von den Interessenvertretern der konventionellen Landwirtschaft wissenschaftliche Beweise für die Unverträglichkeit dieser Tierhaltung gefordert, sagte Kreppold. Und weiter: „Jetzt haben wir sie.“

Oster-Protest der Tierschützer: Tierschutzverbände haben zu Ostern auch noch auf andere Probleme der Nutztierhaltung hingewiesen. So seien Käfigeier oft als Ostereier getarnt, weil gefärbte Eier von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen seien, so der Deutsche Tierschutzbund. Die Verbraucher sollten daher nur Eier, die explizit aus Bio-, Freiland- oder Bodenhaltung stammen, erwerben.

Kein Kaninchenbraten? Ganz verzichten sollten die Verbraucher nach dem Wunsch der Tierschützer auf den traditionellen Kaninchenbraten zu Ostern. In Deutschland fristeten etwa 25 Millionen Mastkaninchen in meist engen Käfigen ihr Dasein, sagte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder. Für den Verbraucher sei nicht erkennbar, dass ein großer Teil des Kaninchenfleischs aus dieser Art von Haltung stammt, die zu Pfotenverletzungen und -geschwüren sowie auch Verhaltensstörungen führe.

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