Ansbacher Amokläufer: Der Auftritt seiner Eltern

Vater und Mutter von Georg R. (19) sagten am Mittwoch vor Gericht aus. Sie berichteten von einer schönen und behüteten Kindheit. Und davon, dass ihr Sohn schon zweimal psychisch behandelt wurde
ANSBACH Der Ansbacher Amokläufer Georg R. (19) vermied es, seiner Mutter bei deren Aussage in die Augen zu sehen. „Ich glaube, er hat sich geschämt“, berichtete Gerichtssprecher Manfred Eichner am Mittwoch von der nichtöffentlichen Vernehmung vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts. Die geschiedene Jutta R. habe eine „behütete und schöne Kindheit“ ihres Sohnes beschrieben. Allerdings habe er sich nach dem Übertritt ans Gymnasium Carolinum nicht mehr wohlgefühlt.
Mit der Schule an sich habe Georg keine Probleme gehabt, jedoch an Haut- und Magen-Darm-Problemen gelitten, weswegen er zwei Mal in einer psychosomatischen Klinik behandelt worden sei. Als sie festgestellt hatte, dass er immer verschlossener wurde, schickte sie ihn zu einer Jugendberatungsstelle.
Jutta R. schilderte sehr emotional, dass sie am Tag vor dem Amoklauf noch mit ihrem Sohn und seinen beiden Schwestern zu Abend gegessen hat. Georg wirkte dabei „angespannt“, was sie der unmittelbar bevorstehenden Klassenfahrt nach Rom zugeschrieben habe. Der Vater sagte aus, sein Sohn habe sich ausgegrenzt gefühlt, was in der Kollegstufe zur fast kompletten Isolation geführt habe.
"Unsere Gedanken sind bei allen Verletzten und Betroffenen"
Georg R. ist ein Scheidungskind. Seine Eltern wohnen nur ein paar Häuser auseinander in derselben Straße. Georg lebte zuletzt bei seinem Vater.
Die Eltern hatten in einem Gedenkgottesdienst einen Brief verlesen lassen, der ihre Hilflosigkeit ausdrückt: „Wir sind fassungslos und entsetzt über das Geschehen und das unvorstellbare Leid, das Sie erfahren haben. Dies bedauern wir aus tiefstem Herzen. Unsere Gedanken sind bei allen Verletzten und Betroffenen.“
Am Mittwoch äußerten sich der psychiatrische Gutachter und eine Expertin des Jugendamts. Sie attestierte dem Angeklagten eine Unfähigkeit, mit Aggressionen umzugehen. Darum empfehle sie die Anwendung des Jugendstrafrechts und die Unterbringung in der Psychiatrie. Ähnlich äußerte sich der Gutachter. Als Begründung nannte er das „hohe Aggressionspotenzial und die erhebliche Wiederholungsgefahr“, die von Georg R. ausgingen. Der 19-Jährige leide unter einer „schizoiden Persönlichkeitsstörung“ und sei eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenen ähnlich.
Das Urteil soll am Donnerstag fallen.
R. Bauer/H. Reister