Angst vor Chaos-Sommer: Kritik am Urlaub dahoam

Der Ministerpräsident wirbt für Ferien in Bayern. Doch Touristiker sehen dadurch ihr Geschäft gefährdet – und attraktive Regionen im Freistaat haben Angst vor einem Chaos-Sommer.
Klaus Wiendl |
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Pfingstferien 2020: Familien wandern auf dem Edelsberg im Allgäu – eine der Regionen, die schon jetzt über zu viele Besucher klagen.
imago Pfingstferien 2020: Familien wandern auf dem Edelsberg im Allgäu – eine der Regionen, die schon jetzt über zu viele Besucher klagen.

München - Die Deutschen sind in diesem Jahr angehalten, ihren Urlaub in der Heimat zu verbringen. Viele haben deshalb schon zu Pfingsten beliebte Ausflugsziele gestürmt– unter dem Touristenansturm ächzen Küsten und Berge. Im Oberland kämpfen Gemeinden mit den Folgen ihrer Attraktivität. In Garmisch zieht Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) genauso ein eine "vernichtende" Bilanz, wie ihr Kollege Thomas Holz (CSU) in Kochel am See. Seine Gemeinde wurde zuletzt von Menschen regelrecht überflutet und "rücksichtslos zugeparkt".

Nicht anders klingen die Klagen aus dem Allgäu. "Wir haben keine Luft mehr zum Atmen", schimpfen Einwohner von Füssen bis Oberstdorf. Überall lamentieren Kommunalpolitiker über derzeit chaotische, teils unzumutbare Zustände.

DRV-Chef Norbert Fiebig: Kritik an Markus Söders Reisewarnung

Deshalb prophezeit der Deutsche Reiseverband (DRV) für diesen Sommer ein düsteres Bild und hält wenig von Markus Söders (CSU) Reisewarnung. Der Ministerpräsident hatte die Deutschen wegen der Corona-Pandemie ermahnt, doch "dahoam" die Ferien zu verbringen. Dafür sollte es auch finanzielle Anreize wie Urlaubsgutscheine oder steuerliche Erleichterungen geben.

"Ob Corona-Zahlen hoch oder niedrig sind, ist keine politische Entscheidung, sondern eine Frage der Fakten", sagt dagegen DRV-Chef Norbert Fiebig im Gespräch mit Focus online. "Wer unbegründet vor Auslandsreisen warnt, nur um den Urlaub im eigenen Bundesland zu promoten, der macht das Geschäft der vielen Reisebüros und Reiseveranstalter kaputt", empört er sich über den Aufruf des bayerischen Ministerpräsidenten.

Im Freistaat seien die Fallzahlen derzeit sogar höher als in manchen beliebten Urlaubsländern. Fiebig teilte aus: "Die Zahl der aktuell Infizierten ist im Freistaat de facto höher als in den beliebten Urlaubsländern Griechenland, Kroatien und Österreich zusammengenommen. Nach Logik von Herrn Söder müsste dann auch für Bayern eine Reisewarnung gelten."

"Overtourism": Wenig Angebot, starke Nachfrage

Eine weitere Kritik an Söders Fahrplan – aber in die andere Richtung – kam am Sonntag von Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl: Bayerische Hoteliers müssten "hilflos der Karawane an Urlaubern hinterhersehen, die in ihren Autos Richtung Süden und Osten rollen und dort in Hotels einchecken, die bereits wieder Spa- und Wellness-Bereich öffnen dürfen." Letzteres ist in Bayern bislang nicht gestattet – eine Ungleichbehandlung, die das Credo vom "Urlaub daheim" konterkariere.

Auf der anderen Seite könnte es auch hierzulande ziemlich eng werden – und auch teurer als in den vergangenen Jahren. Denn in den Unterkünften müssen die Kapazitäten in diesem Sommer wegen der Abstands- und Hygienevorschriften erheblich verringert werden. Dies hat als Konsequenz, dass die erwartete starke Nachfrage in deutschen Urlaubsgebieten auf ein erheblich reduziertes Angebot trifft. Und das führt erfahrungsgemäß zu höheren Preisen.

Ein neues Phänomen plagt inzwischen auch Oberbayern: "Overtourism". Was aber dagegen tun? Ernüchternd muss Bürgermeisterin Koch feststellen: "Die Ideallösung hat niemand." Vielleicht aber entlasten die geplanten Grenzöffnungen die Hotspots etwas.

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