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Angeklagter prahlte mit Täter-Wissen: Verplapperte er sich im Mordfall Hanna?

Im Mordprozess um Hanna aus Aschau haben die Eltern über ihre Tochter und den Schmerz ihres Verlusts gesprochen. Die AZ hat zudem erfahren, wie der mutmaßliche Täter ins Visier der Ermittler kam.
von  Heidi Geyer
Deutlich fülliger soll T. im Gefängnis geworden sein. Die Vorsitzende Richterin hätte ihn auf Fotos, die ihn vor dem Prozess zeigen, nicht erkannt.
Deutlich fülliger soll T. im Gefängnis geworden sein. Die Vorsitzende Richterin hätte ihn auf Fotos, die ihn vor dem Prozess zeigen, nicht erkannt. © Foto: Heidi Geyer

Traunstein - "Ich vermisse sie so unendlich!" Für Rosalie W., die Mutter der ermordeten Hanna aus Aschau, muss ihre Zeugenaussage am Landgericht Traunstein ein Kraftakt sein. Die 52-Jährige sitzt nur wenige Meter von dem jungen Mann entfernt, der ihre Tochter in der Nacht zum 3. Oktober 2022 nach einem Besuch des "Eiskellers" umgebracht haben soll.

Die 52-Jährige ist bemerkenswert tapfer, als sie über ihre Tochter (23) spricht. Sie beschreibt sie als richtigen Sonnenschein. Als einen Menschen, der voll im Leben stand, der gerne reiste und offen war, aber eine tiefe Verbindung zur Familie, zur Heimat und vielen Freunden hatte. "Wir waren absolut glücklich miteinander", sagt Rosalie W., und es klingt nicht wie ein verklärter Blick auf die getötete Tochter. Der Prozess sei aufwühlend für sie. Man sieht es ihr auch an. "Aber ich möchte jetzt endlich Klärung."

"Mit der Hanna hat man nicht streiten können", sagt ihr Vater Andreas. Auch sein Sohn beschreibt seine Schwester so.

Mutmaßlicher Täter nur einer von 50 befragten Zeugen

Neben Hannas Familie sagt am Freitag auch eine Beamtin über die beiden Zeugenvernehmungen mit Sebastian T. aus. Er ist des Mordes an Hanna angeklagt. Dessen Mutter hatte die Polizei informiert, dass ihr Sohn in der fraglichen Nacht joggen gewesen sei. "Er hat sehr nervös gewirkt", sagt die Polizistin. T. sei nur einer von 50 Zeugen gewesen, die sie befragt habe.

Weil er nicht schlafen habe können, sei er halt einfach laufen gegangen, habe T. damals ausgesagt. Doch es gibt Widersprüche: T. gab damals an, zwischen fünf und sieben Kilometer gelaufen zu sein - in einer Stunde. Das findet sogar die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler langsam, denn angeblich habe der Angeklagte für einen Halbmarathon trainiert. Ebenso widersprüchlich: T. gab in der Befragung an, dass er über den Parkplatz des Clubs Eiskeller gelaufen sei, um dort möglicherweise "Spezln" zu treffen. Zugleich habe er aber nicht direkt vor dem Eiskeller vorbeilaufen wollen, weil die "Leute ja meinen können, dass er blöd ist", so die Beamtin. Man kann mutmaßen, ob es nicht auch der beste Spezl etwas seltsam findet, wenn man mitten in der Nacht bei Nieselregen mit Stirnlampe joggen geht.

Hat sich der Angeklagte vor Gericht verraten?

Noch merkwürdiger klingt es, als die Beamtin von der zweiten Befragung berichtet. T. gab an, er habe von seiner Mutter und aus Medienberichten von dem "Sterbefall" erfahren. Der Polizei sagte er: "Man macht sich ja Gedanken." Die Beamtin berichtet, T. habe dann davon gesprochen, dass er nicht wüsste, wie er es sagen soll, dass sie vielleicht der Täter mitgenommen habe.

"Mit einem Auto. Dass er sie vielleicht zu etwas zwingen wollte und er ihr dann eine drüber gehaut hat, vielleicht irgendwas, was im Auto war, oder ein Stein...", berichtet die Beamtin über T.s Aussage. Wobei der Schlag mit dem Stein nicht tödlich gewesen sein soll, sagte T. damals auf Rückfrage. Warum mutmaßt man so etwas vor der Polizei, wenn man einfach nur joggen war? Tatsächlich wurde Hanna mehrfach mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen.

AZ exklusiv: Angeklagter prahlte mit Täterwissen

Trotz der merkwürdigen Aussagen wurde T. damals von den Ermittlern noch nicht als verdächtig bewertet. Nach exklusiven AZ-Informationen hat T. in seinem Umfeld mit Täterwissen geprahlt, wovon auch die Polizei erfuhr. So rückte T. ins Visier der Ermittler, das Haus der Familie und sein Zimmer wurden daraufhin durchsucht. Dort fanden die Ermittler "viel Unordnung", wie ein Beamter aussagt. Wäschestücke lagen in großer Zahl herum.

Nach AZ-Informationen sollen dann an einem Kleidungsstück Anhaftungen von Hanna gefunden worden sein. Vor Gericht werden am Freitag noch Fotos und Filmaufnahmen aus dem Eiskeller gezeigt. Es sind Hannas letzte Stunden. Rosalie W. und ihr Mann halten sich fest die Hände. Sebastian T. sitzt wie schon am Vortag nach vorne gebückt da und schaut regungslos vor sich hin.

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