Affen für Nürnberg und Berge für die Spree
Nürnberg - In der Jahresausstellung der Kunstakademie zeigen 300 Studenten ihre besten Werke des Jahres
Der nahe Tiergarten und die Lage inmitten von Natur hat bei den Studenten von Nürnbergs Akademie der Bildenden Künste offensichtlich Spuren hinterlassen. In ihrer „Jahresausstellung 2008“ präsentieren sie in den leergeräumten Klassenpavillons, der Aula und der Ausstellungshalle ihre besten Werke. Und die sind mitunter tierisch. Changmin Lee malt mit pastosem Strich Affen als treffende Karikaturen menschlichen Verhaltens. Zwei Männlein versuchen auf Kai Klares mit Bleistift gezeichneter Dürer-Hommage, ein Rhinozeros zu bändigen. Und Sebastian Dröger hat ins Aula-Foyer kommentarlos echte Wellensittiche hinter Maschendraht gestellt — Künstler im gar nicht so goldenen Käfig?
Amüsant die Miniaturlandschaften, die Dröger einige Schritte weiter in der Ausstellungshalle verteilt hat, winzig klein. Konzeptionell hatte hier Kathleen Rahn von der Albrecht-Dürer-Gesellschaft das Sagen, die sich neben anderem für Jenny Dechênes „Messie“-Maus entschied, die aus ihrem Loch in der Fußleiste blickt, und mit Bettina Grabers Installation „Mit Fleiß und Andacht“ einen guten Riecher besaß. Das eigenwillige Frauenzimmer und Seelenstübchen, in dem die Verletzungen säuberlich umhäkelt sind, wurde mit dem 3.500 Euro schweren Smurfit Kappa Kunstpreis ausgezeichnet.
Beim Gang durch die Pavillons stößt man auf documenta-Verdächtiges und Krempel, auf Erstaunliches und Kurioses. Francesca Gammicchia hat unter dem Motto „Schäme dich nicht für deinen Vibrator, jetzt ist er Kunst“ einen Tisch mit verzierten Kunst-Dildos aufgebaut. In Petra Krischkes Gartenteich schwimmen neben Seerosen auch Teller und Tassen. Die Malerklasse Fleck hängt ihre oft fotorealistischen Arbeiten dicht gedrängt wie in einer barocken Bilderkammer; in ihrer rätsellosen Schönheit wirken sie schnell langweilig. Bei den Bildhauern findet man so unterschiedliche Werke wie Clemens Huters folienumwickelte Schrumpfskulptur und Regina Zimmermanns Schädel mit goldenen Widderhörnern, Rosen und Efeu, aber auch Gummipuppen und serientaugliches Design.
Den 1. Akademiepreis, dessen Jury aus drei Kunstprofessoren anderer Hochschulen besteht, hat Laura-Mariell Rottmann für eine originelle Architekturidee erhalten. Ausgehend von der Frage, wie der nicht rekonstruierbare Spreeflügel des Berliner Stadtschlosses aussehen sollte, hat sie bei Alexander von Humboldt nachgeschlagen (nach ihm wird das Forum benannt). Vier Varianten stellt sie vor, darunter so absurde wie Berge an der Spree. Aber durchdacht ist es doch, wie die zahlreichen Kopien an der Wand zeigen. Vielleicht schaut man von Berlin, wo die Planungen laufen, einmal nach Nürnberg. Nicht zum Nachbauen. Aber zum Innehalten, bevor die Steuergelder in fade Glasfassaden oder blasse Imitationen investiert wurden. Georg Kasch
Kunstakademie (Bingstraße 60): Eröffnung heute 19 Uhr, bis Sonntag tägl. 10-19 Uhr. Samstag ab 19 Akademiefest
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