Achtung, Stromschlag: Immer mehr manipulierte Steckdosen in bayerischen Zügen
Nürnberg/Stuttgart - Feierabend, endlich sitzt man in der Bahn. Dem Handy geht bald der Saft aus, aber die mobile Ladestation liegt zu Hause. Also schnell eine der freien Steckdosen am Sitzplatz verwenden. Und dann: Stromschlag. Verbrennungen, Bewusstlosigkeit oder sogar Herzstillstand können die Folgen sein.
Der Grund: eine manipulierte Steckdose. Eben so eine wurde am Montagmorgen in einem Regionalzug auf der Strecke Nürnberg-Würzburg entdeckt. Zum Glück bevor es zu einem Stromschlag kam – anders als in einem ähnlichen Fall auf einer Bahnfahrt von Stuttgart nach Karlsruhe am 11. August, als sich eine 35-Jährige verletzte. Auch in einem Zug nach Lindau wurde laut Bundespolizei so eine Anschlussbuchse entdeckt.
Manipulierte Steckdosen im Regionalzug: Diese Fälle häufen sich
Die Meldungen zu solchen Fällen häufen sich. Woran erkennt man eine manipulierte Steckdose? Auf AZ-Nachfrage sagt Matthias Knott, Pressesprecher der Bundespolizeidirektion München: "Man sollte darauf achten, ob der Anschluss anders als normale Steckdosen aussieht." Jede visuelle Auffälligkeit sei ein Hinweis. Über das konkrete Erscheinungsbild der jüngsten Manipulationen in Würzburg und Lindau will die Bundespolizei zugunsten der Ermittlung jedoch keine Angaben machen.
Beim Vorfall in Stuttgart wird die Bundespolizei etwas konkreter: In die drei manipulierten Steckdosen seien dünne Metalldrähte hineingesteckt oder die metallenen Kontaktfäden herausgezogen worden. Diese Drähte leiten den Strom weiter, wodurch es bei einer Berührung zu einem gefährlichen Stromschlag kommt. Eine perfide Falle.
Jede Auffälligkeit am Stecker kann wichtig sein
Wem eine ungewöhnliche Steckdose auffalle, der solle sofort das Zugpersonal informieren, rät Polizeisprecher Knott. Der Zugbegleiter könne dann den Strom abschalten und die Steckdose sichern. Die Schaffner werden außerdem dazu angehalten, selbst auf manipulierte Buchsen zu achten.
Im Fall Nürnberg-Würzburg ist so die Beschädigung der Steckdosen aufgefallen, bevor einer der 50 Fahrgäste zu Schaden kam. Auch in Lindau war dem Zugpersonal rechtzeitig der Stecker aufgefallen.

Wer die Steckdosen manipuliert hat, ist bislang unklar. In den bayerischen Fällen, in denen es zu keiner Verletzung kam, wird wegen Sachbeschädigung ermittelt. Im Falle des Täters auf der Strecke Karlsruhe-Stuttgart geht es hingegen um gefährliche Körperverletzung. "Über Motive kann man zum jetzigen Zeitpunkt leider nichts sagen", sagt Knott. Allerdings sei wahrscheinlich, dass es sich um eine mutwillige Manipulation handle.
Wechselstrom kann zu Herz-Rhythmusstörungen führen
Dadurch, dass die Bahn mit Wechselstrom betrieben wird, sind die Folgen eines Stromschlags besonders gefährlich: Herz-Rhythmusstörungen sind wahrscheinlicher. Im Herzen gibt es zwei Taktgeber, die es durch Stromimpulse zum Schlagen bringen und das Blut so durch den Körper pumpen.
Fließt Strom nur für einen Bruchteil einer Sekunde durchs Herz, kann das Kammerflimmern auslösen, denn: Das Organ kann nicht unterscheiden, ob der Impuls vom eigenen Taktgeber oder woanders herkommt.
Bereits 25 Milliampere sind für Herzrhythmusstörungen ausreichend, ab 40 bis 50 Milliampere kann es zu Kammerflimmern kommen. Ab 80 Milliampere drohen Atemlosigkeit und Ersticken, da ab dieser Stromstärke im Brustkorb die Muskulatur der Lunge verkrampft.
Herzrhythmusstörungen können teils auch erst Stunden nach dem Stromschlag eintreten. Eine medizinische Behandlung wird von den Ärzten daher dringend empfohlen – auch wenn anderweitige Verletzungen wie Verbrennungen, Schwindel oder Verkrampfungen vorliegen.
Täter-Suche: Bundespolizei bittet Zugreisende um Mithilfe
Damit es in Zukunft zu sowas erst gar nicht kommt, bittet die Bundespolizei um Hinweise, sollten Passagiere weitere manipulierte Steckdosen entdecken oder sogar jemanden bei der Tat beobachten können.
Auffällig sei, wenn sich jemand länger an einer Steckdose ohne Kabel oder Stecker aufhalte oder sogar Werkzeug dabei habe, sagt Bundespolizeisprecher Knott.
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